Kruuk, Niko's Nature, S.3:
“It is difficult to realize how far we have travelled from the early days of studying animal behaviour. Before Niko arrived on the scene, behaviour science was focussed largely on white rats and pigeons behind bars. Things that happend out in the wild were rarely respectable subjects for scientific enquiry. Now we see this fabulous richness of displays, gestures, attacks, and courtship in all creatures around us, and we simply cannot imagine not asking questions about that. Much of this change is due to 'ethology', the discipline of Konrad Lorenz and Niko Tinbergen."
“Man kann heute nur schwer nachvollziehen, wie weit unsere Reise ging, seit dem Beginn der Erforschung des Verhaltens der Tiere. Bevor Niko auf der Bildfläche erschien, konzentrierte sich die Verhaltensforschung im Wesentlichen auf weiße Ratten und Tauben hinter Gittern. Was sich draußen in der Natur zutrug, galt nur selten als ernst zu nehmendes Thema für eine wissenschaftliche Untersuchung. Heute jedoch nehmen wir die phantastische Vielfalt an Ausdrucksbewegungen, Bewegungsabfolgen, Kämpfen und Balzritualen bei allen Lebewesen wahr, die um uns sind, und wir können uns einfach nicht mehr vorstellen, dass es eine Zeit gab, in der man das alles nicht hinterfragte. Diese Veränderung haben wir ganz wesentlich der Ethologie zu verdanken, dem Fachgebiet von Konrad Lorenz und Niko Tinbergen."
http://de.wikipedia.org/wiki/Nikolaas_Tinbergen
Angeborenes Verhalten muss nicht gelernt werden. Es ist bei allen Tieren und Menschen zu finden, sogar bei Neugeborenen. Angeborene Verhaltensweisen müssen nicht erst erlernt oder kopiert werden - sie wurden vererbt. Sie werden einfach automatisch richtig durchgeführt.
Dabei zeigen alle Tiere einer Art das gleiche angeborene Verhalten. Am stärksten zeigen übrigens die Insekten1 angeborenes Verhalten. Beim Menschen gibt es nur noch sehr wenige angeborene Verhaltensweisen. Dazu gehören der Saug- und der Greifreflex der Säuglinge. Im Tierreich gibt es da wesentlich mehr, z.B. Fortpflanzungs-, Brut- und Aufzuchtverhaltensweisen. All diese Verhaltensmuster sind genetisch fest verankert. Sie liegen in den Lebewesen sozusagen als fertiges Programm vor.
Zum angeborenen Verhalten zählen die Reflexe und die Instinkthandlungen. Diese Handlungen geschehen in der Regel ohne Einsicht und ohne Überlegung.
Das Gegenteil des angeborenen Verhaltens ist das einsichtige und erlernte Handeln, welches nur bei höher entwickelten Wirbeltieren zu finden ist. Grundlage für das einsichtige Handeln ist bei diesen Tieren das Gedächtnis. Dadurch können Tiere erst Erfahrungen sammeln und sinnvoll verwerten (sie können lernen).
Weitgehend angeborenes Verhalten:
- Kenntnisse des Kuckucksjungen
Erlerntes Verhalten:
- zurechtfinden einer Maus in Labyrinthen
- Dressur eines Hundes
Angeboren und durch Lernen verbessertes Verhalten:
- Sperrreaktion von Amseljungen
- Rangordnungsverhalten beim Haushuhn
- Nüsse vergraben beim Eichhörnchen
Reiz: Signal oder eine Zustandsänderung von innen oder außen auf unseren Körper, der mit einer Reaktion beantwortet werden kann.
Man kann im Grunde zwischen einfachen angeborenen Reaktionen und komplexen Abläufen unterscheiden. Zu den einfachen angeborenen Reaktionen gehören u.a. die Reflexe (siehe Kapitel 5.09).
Das Verhalten eines Lebewesens beruht immer auf angeborenen und erlernten Anteilen. Wobei es vor allem bei Wirbellosen Tieren Verhaltensweisen gibt, welche, zu fast 100% aus angeborenen Kenntnissen und Fähigkeiten bestehen. Bei Wirbeltieren ist der Anteil des erlernten Verhaltens größer. Aber ein ausschließlich erlerntes Verhalten gibt es bei Tieren nicht, da zumindest die Lernvoraussetzung (Disposition) dazu genetisch vorgegeben ist.
Wichtig: Die Untersuchungen der klassischen Ethologen finden in freier Natur statt, da nur dort das Tier sein unbeeinflusstes Verhalten zeigt.
=> Die Beobachtungssituation (z.B.: Aufzuchtbedingungen und Versuchsumgebung) haben durchaus starken Einfluss auf das Versuchsergebnis!
=> Es können falsche Ergebnisse entstehen!
Um Versuchsergebnisse vergleichen zu können, müssen die Bedingungen gleich sein!
Eichhörnchen öffnen Nüsse nach drei verschiedenen Techniken:
Allerdings benutzt ein Eichhörnchen immer die gleiche Technik!
Zum Vergleich:
Lochsprengtechnik Lochnagetechnik Seiten-Sprengtechnik
Es stellt sich die Frage, ob das Verhalten vererbt (also angeboren) oder erlernt ist?
Aufgabe: Schaue die beiden folgenden Videos an und analysiere das Verhalten unter der Fragestellung, ob das Verhalten angeboren oder erlernt ist:
Ideen zur Überprüfung:
- Eichhörnchenjunge den Eltern wegnehmen und isoliert aufziehen (Kaspar-Hauser-Versuche)
- Eichhörnchenjunge vertauschen, und schauen, ob das Verhalten der Adoptiveltern übernommen wird.
- Gehirnströme messen und schauen, ob das „Lernzentrum“ oder das „Instinktzentrum“ beim Nüssenknacken aktiviert wird.
- Umgebung ändern (Lernvoraussetzungen)
Methoden zur Untersuchung:
Eine mögliche Methode zur Überprüfung sind die so genannten Kaspar-Hauser-Versuche bei jungen Eichhörnchen!
Ergebnis nach einer Reihe solcher Versuche: Jedes neugeborene Eichhörnchen scheint über die Fähigkeit zu verfügen, an Nüssen oder ähnlichen Gegenständen zu nagen. Dieses Nageverhalten ist damit angeboren. Anfangs brauchen Eichhörnchen aber sehr lange, um eine Nuss zu öffnen. Nach Übung an mehreren Nüssen verfeinern Eichhörnchen ihre Technik, so dass eine der drei Möglichkeiten entsteht.
Diesen Lernvorgang nennt man dann Instinkt-Dressur-Verschränkung.
Aufgaben:
1. Beachte einmal die Varianz der drei Nagetechniken. Welche Schlüsse kann man ziehen?
Der österreichische Verhaltensforscher Irenäus Eibl-Eibesfeldt untersuchte das Öffnen von Haselnüssen durch Eichhörnchen. Ihn bewegte vor allem die Frage, inwiefern das Öffnen von Nüssen ein dem Eichhörnchen angeborenes Verhalten ist.
Für seine Versuche entnahm er gerade geborene Eichhörnchen und isolierte diese so von ihren Artgenossen. Er gab ihnen bis zu ihrer 9. Lebenswoche nur Milch und ausschließlich weiches Futter zu fressen.
Aufgabe 1: Erläutern Sie mögliche Gründe für diese spezielle Versuchsvorbereitung.
Nach Ablauf von 9 Wochen gab Eibl-Eibesfeldt dann den Eichhörnchen Haselnüsse sowie andere etwa gleich große Gegenstände wie Holz- oder Tonkugeln und Steine. Er beobachtete, dass die Tiere diese Gegenstände greifen und zugleich anfangen, sie zu benagen.
Aufgabe 2: Was vermutest Du, welcher biologische Sinn sich dahinter verbirgt, dass die Eichhörnchen nicht nur Haselnüsse, sondern auch andere ähnliche Gegenstände unspezifisch benagen? Welche weiteren Schlüsse können gezogen werden?
Die folgenden Bilder entsprechen seinen Versuchsbeobachtungen:
a) Erste geknackte Nüsse nach 9 Wochen Gabe von Weichfutter (Benötigte Zeit: 60 min).
b) Nüsse, welche von den gleichen Eichhörnchen nach weiteren Monaten geknackt wurden. Benötigte Zeit: weniger als 1 min.!):
Aufgabe 3: Versuche anhand der Beobachtungen die eingangs gestellte Problemfrage zu beantworten!
Zusatzinformationen:
http://de.wikipedia.org/wiki/Eibl-Eibesfeldt
Verhaltensweisen sind ganz sicher angeboren und erbkoordiniert,
Freilandbeobachtungen
=> Jane Goodall: Beobachtung von Schimpansen => Erstellen eines Soziogramms
=> Konrad Lorenz: Beobachtung von Graugänsen (Lorenz verwendete gezähmte Tiere!)
Beobachtungen unter Laborbedingungen:
Erforschung einzelner Verhaltensweisen in speziellen Apparaturen (SKINNER). Dies erlaubt die Variation einzelner Bedingungen, um weitere Fragestellungen zu klären.
Nachteil: Einflussnahme des Experimentators z.B. durch Konstruktion des Versuchsaufbaus
=> eventuell zeigt das Tier veränderte Verhaltensweisen!
Kreuzungsexperimente
In einigen Fällen, wenn man schon recht sicher ist, dass ein Verhalten zumindest genetische Ursachen haben wird, kann man durch Kreuzungen Klarheit erlangen.
So gibt es Fadenwürmer, welche in Tierkot leben. Diese Destruenten sind typische Fäulnis- und Kotbewohner! Nun suchen diese Fadenwürmer nicht selbst den Dunghaufen auf, sondern sie heften sich als Larve unter die Flügelklappen von Mistkäfern. Fliegt dieser zu einem neuen Haufen, gelangen die Fadenwürmer an ihr Ziel.
Es gibt nun zwei verschiedene Unterarten von Fadenwürmern:
a) die erste Unterart wartet still auf zufällig vorbeikommende Käfer
b) die zweite „winkt“ durch Körperbewegungen den Mistkäfer herbei
Kreuzt man nun einen winkenden und still wartenden Wurm miteinander, so spalten sich die Nachkommen der F2-Generation nach den Mendel‘schen Regeln auf.
=> Das Verhalten der Tiere beruht auf der Wirkung eines Gens (Erbgang ist dominant rezessiv) und ist somit komplett angeboren!
Kaspar-Hauser-Versuche
Möchte man ein Verhalten bei einem Tier untersuchen, wird das ein Tier dieser Art sofort nach der Geburt von seinen Eltern getrennt und unter spezifischem Erfahrungsentzug aufgezogen (=> keine Lernmöglichkeiten durch Abschauen, Lernen durch Imitation, Gespräche, keine Gelegenheit, von Artgenossen zu lernen usw. ).
Wenn dann das zu untersuchende Verhalten,
So genannte „Kaspar-Hauser-Versuche“ dienen der Unterscheidung von
angeborenem und erlerntem Verhalten.
Probleme:
- Kaspar-Hauser-Tiere sind häufig verstört und ängstlich! Abgesehen von ethischen
Bedenken, zeigen gestörte Tiere wohl kaum natürliches Verhalten!
- Aus gleichem Grunde werden oft anstelle des zu untersuchenden (natürlichen) Verhaltens
nur Fluchtreaktionen und Schutzsuche beobachtet (Verwechslungsgefahr!)
=> Haltungs- und Aufzuchtbedingungen von Tieren haben somit großen Einfluss auf das Ergebnis von Verhaltensuntersuchungen!
V: Gleich nach dem Schlüpfen werden zwei Taubenjunge aus ihrem Nest von ihren Geschwistern entfernt. Sie wachsen nun getrennt voneinander in Käfigen auf. Sie bekommen das gleiche Futter und haben die gleichen Wachstumsbedingungen.
Damit die Tauben nicht durch „Zufall“ das Fliegen erlernen, werden die Flügel an den Körpern so fixiert, dass keinerlei Bewegung des Flügels möglich ist.
Kurz nachdem die Geschwister im Nest flügge geworden sind, lässt man nun auch die entnommenen Tauben frei. Auch diese können nach kurzer Zeit fliegen!
=> Das Flugvermögen von Vögeln ist nicht erlernt, da die isolierten Tauben dazu keine Möglichkeit hatten. Das Verhalten muss angeboren sein!
Grenzen der Kaspar-Hauser-Versuche
Kaspar-Hauser-Versuche sind beim Menschen ethisch nicht vertretbar!
Beobachtungen an Säuglingen
So beobachtete man z.B. genetisch programmierte Reflexe:
- Greifreflex
- Saugreflex
- Lautäußerungen
Beobachtungen an blind geborenen Kindern
So beobachtete man z.B. folgende Verhaltensweisen:
- Erröten und Kopf senken bei Tadel
- Verfolgen von klappernden Gegenständen mit den Augen
- Blinde Kinder nehmen in peinlicher Situation die Hände vor die Augen usw.
Beobachtungen an taub-blind geborenen Kindern
- sie zeigen alle Reflexe eines Neugeborenen
- sie können schreien
- sie zeigen dieselbe Mimik wie alle anderen Kinder beim Weinen
- bei Freude lächeln oder lachen sie
- sie zeigen Wut und Zorn (Aufstampfen des Fußes, Zornfalten auf der Stirn)
- sie zeigen ärgerliches Verhalten durch Stirnrunzeln und zusammenpressen der Lippen
Homologe Verhaltensweisen in verschiedenen Kulturen
Der Verhaltensforscher Eibl-Eibelsfeld hat viele Jahre menschliches Verhalten bei verschiedenen Kulturen verglichen und untersucht:
Z.B.: Das Verhalten der Buschleute in der Kalahari, der Yanomami (Eingeborene im venezolanisch-brasilianischen Grenzgebiet) sowie der Eipo in Neuguinea.
Er beobachtete viele menschliche Verhaltensweisen, welche er auch bei diesen isolierten Völkern wiederfand und folgerte, dass sie angeboren sind, wenn sie sich bis ins Detail in verschiedenen Kulturen gleichen!
Dazu gehören:
Artenvergleich (=> Bezug zur Evolution)
a) Homologie von Verhaltensweisen:
Wenn Tiere verschiedener Arten, welche aber stammesgeschichtlich verwandt sind, gleiche oder ähnliche Verhaltensweisen (=homologe Verhaltensweisen) zeigen, so liegt der Schluss nahe, das das Verhalten angeboren ist und somit durch Gene weitervererbt wird.
Beispiele findet man beim
b) Ritualisierte Verhaltensweisen:
Verhaltensweisen können im Laufe der Stammesgeschichte ihre ursprüngliche Funktion verlieren. Da sie nun überflüssig sind, können sie jetzt innerhalb eines anderen Funktionskreises Signalcharakter haben.
Ritualisierte Verhaltensweisen zeichnen sich aus durch eine Vereinfachung gegenüber dem Ursprungsverhalten, gelegentlich einer Übertreibung, Formalisierung und meist rhythmischen Wiederholungen aus. Sie sind immer angeboren!
Zusatzinformationen:
Quelle Bild: Public domain by Johann Georg Laminit (1775-1848) und Wikipediauser Frank Schulenburg - Danke; http://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Kaspar_hauser.jpg
Kaspar Hauser war ein 1812 geborenes Findelkind, welches plötzlich 1828 (im Alter von 16 Jahren) in Nürnberg auftauchte. Er sagte, dass er, „solange er denken könne, bei Wasser und Brot immer ganz allein in einem dunklen Raum gefangen gehalten worden sei“. Besondere Merkmale waren seine andauernde Verstörtheit, Tagblindheit und seine begrenzte geistige Entwicklung.
Schnell entstanden Gerüchte über den Jugendlichen, der kaum Sprechen konnte und kaum sozialisiert war. Einfachste Verhaltensregeln kannte er offenbar nicht. Ein Gerücht war, dass er der 1812 geborene Erbprinz von Baden sei, den man entführt hatte, um Linie der Thronfolge zu unterbrechen. Dem wird durch Dokumente über den Tod des tatsächlichen Thronerben als Säugling allerdings widersprochen. Genanalysen von 1996 zeigten, dass Hauser nicht aus der Familie des badischen Erbprinzen stammte. Eine weitere Untersuchung, 2002 erbrachte hingegen kein eindeutiges Ergebnis!
Er wurde in den folgenden Jahren mehrfach Opfer von Attentaten, bzw. Suizidversuchen - genaues ist nicht klar (am 17. Oktober 1829 mit leicht aufgeschnittenem Bauch und ein Jahr später mit einer Kopfverletzung, vermutlich durch einen Schuss.) Am 14. Dezember 1833 kam er mit einer schließlich tödlichen Stichwunde nach Hause. In allen Fällen behauptete er zuerst, Opfer eines Attentäters geworden zu sein. Auch dem Sterbebett sagte er allerdings, dass man nicht nach seinem Attentäter suchen solle. Man vermutet heute, dass er depressiv war und sich mehrfach das Leben nehmen wollte.
Grab in Ansbach
Quelle Bild: Public domain by Wikipediauser Michael Zaschka (Amfortas87), Danke! http://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Kaspar_hauser_grab.jpg
Zusatzinformationen:
http://de.wikipedia.org/wiki/Kaspar_Hauser
Konrad Lorenz begann in den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts das Verhalten von Tieren zu studieren, um so auch etwas über das Verhalten von Menschen zu lernen. Er war mit dem Kollegen Niko Tinbergen (1907 - 1988) Begründer der „Vergleichenden Verhaltensforschung“ (Ethologie). Er erforschte in vielen Jahren das Verhalten von Tieren, besonders von Geflügel wie den Graugänsen. Seine Maxime war, dass obwohl das Verhalten von Tieren durch Lernen beeinflusst werden kann, die meisten Verhaltensweisen angeboren sind. „Tiere (und auch Menschen) sind von ihren Instinkten getrieben“. Verständlicherweise brachten solche Aussagen ihm viel Kritik von Seiten der Sozialwissenschaften und auch von den amerikanischen Behavioristen ein. Als Instinkt bezeichnete Lorenz „ein spontan aktives System von Verhaltensweisen, dass an zentralnervöse Vorgänge gebunden ist, die weitgehend unabhängig von Außenreizen erfolgen“.
Für seine Forschungen bekam Konrad Lorenz den Nobelpreis verliehen. Es sollte auch erwähnt werden, dass er seit 1938 Mitglied der NSDAP war und u.a. Rassenstudien durchführte.
Die Grundelemente des Verhaltens nach Konrad Lorenz:
- Reflexe: Star ablaufende Bewegung, nicht beeinflussbar, läuft immer ab (siehe auch Kapitel Reflexe).
- Erbkoordination: Die Erbkoordination ist vom Begriff heute dem Instinktverhalten gleichgesetzt. Lorenz unterschied damals aber und bevorzugte den Begriff der Erbkoordination. Unveränderbarer formstarrer Bewegungsablauf mit leicht wiedererkennbaren Handlungsweisen. Diese sind natürlich nur innerhalb einer Art gleich (artspezifisch). Sie sind genetisch festgelegt und extrem umweltstabil.
Vorher gibt es oft eine Taxiskomponente, welche als Bewegung nicht festgelegt ist und ein Abwarten sowie eine Handlungsbereitschaft darstellt. Mehrere Erbkoordinationen können aufeinander folgen. Am Ende solcher Verhaltensfolgen können mehrere Endhandlungen stehen. Dabei treten bei Balzfolgen typischerweise oft doppelte Reaktionsketten auf, bei denen die Handlungen eines Männchens eine Antwort des Weibchens auslösen, welche wiederum eine neue Handlung des Männchens bewirken.
Der Unterschied zum Reflex liegt im Wesentlichen darin, dass bei der Erbkoordination eine Motivation bzw. Handlungsbereitschaft vorliegen muss.
Heutige Definition: Eine Instinkthandlung ist ein vorwiegend angeborener, starrer, relativ formkonstanter Verhaltensablauf. Dieser Verhaltensablauf besteht aus einer Orientierungskomponente und einer Bewegungskomponente. Instinkthandlungen werden durch so genannte Schlüsselreize ausgelöst.
- Instinkt-Dressurverschränkung: Kombination aus zusammenwirkendem angeborenen und erlernten Verhalten.
Verhalten, welches angeboren ist und ohne Lernvorgänge, Übung oder Erfahrung ausgeführt wird. Die Reifung wird vom Gehirn zentral gesteuert und ist somit ein Entwicklungsprozess.
Dazu werden genetisch angelegte Reaktionen (sogenannte „festgelegte Reaktionsmuster“) im Laufe der Entwicklung des Tieres aktiviert. Sie treten somit neu auf und sind nicht durch Erfahrung oder Training erlernt. (Beispiele s.u.)
Merkmale:
• Verhalten wird ohne Übung, Erfahrungen oder Lernmöglichkeiten ausgeführt
• Das Verhalten wird ohne Verzögerung ausgeführt
Beispiele für Reifung
• Balzverhalten
• koordiniertes Schwarmfliegen bei Zugvögeln
• Einsetzten des Sexualverhaltens
• Einsetzen des Laufenlernens bei Menschenkindern (Achtung! Kein Lernprozess, die Verfeinerung des Laufenlernens hingegen ist ein Lernprozess.)
• Einsetzten der Blasenkontrolle bei Kleinkindern (kein Lernprozess!). Für die Kontrolle müssen erst die neurophysiologischen Voraussetzungen, also die muskuläre Kontrolle, erreicht werden.
• Deprivationsversuche bei Jungvögeln mit bandagierten Kasper-Hauser-Vögeln zeigen ebenfalls Reifung, da die Vögel ab dem richtigen Zeitpunkt fliegen können.
Entnimmt man ein Ei dem Nest einer Graugans, so rollt sie es mit der Unterseite ihres Schnabels wieder in das Nest zurück. Nimmt man ihr mitten in der Rollbewegung das Ei weg, so vollendet sie dennoch diese Instinkthandlung. Lorenz nannte diese angeborene Verhaltensweise auch Erbkoordination.
Instinkthandlungen, so formulierte Lorenz 1973 , werden durch einen angeborenen Schlüsselreiz ausgelöst und laufen so lange ab, wie eine innere Handlungsbereitschaft gegeben ist.
Handlungsbereitschaft kann auch mit Motivation, Trieb, Antrieb oder Drang übersetzt werden.
Dem Schlüsselreiz (angeboren) → einem Aktivierungsmechanismus (Appetenz) (angeborenen) → einer Bewegungskomponente (Taxis) → dem spezifischen inneren Antrieb (= aktionsspezifische Erregung, Handlungsbereitschaft) → Auslösemechanismus → Endhandlung (=Erbkoordination).
Damit Verhalten als Instinktverhalten erkennbar ist, muss es,
Appetenz
Taxis - taxieren und kurz danach zuschnappen!
Du kennst ja schon die Reflexe als Beispiel für angeborene Verhaltensweisen. Vom Ablauf wesentlich komplexer als die Reflexe sind nun die Instinkthandlungen. Während Reflexe oft dem Schutz dienen, dienen Instinkthandlungen oft dem Arterhalt bzw. dem Überleben! Beschrieben wurden solche Instinktverhaltensweisen erstmalig durch Konrad Lorenz.
Arterhaltung ------> Das Tier muss aktiv Kontakt mit seiner Umwelt aufnehmen
Eine Instinkthandlung ist ein angeborener (=erbkoordinierter), relativ formkonstanter Verhaltensablauf (Verhaltensmechanismus) mit dem Ziel der Arterhaltung. Dabei handelt das Tier zweckmäßig, ohne dies zu wollen oder entscheiden zu müssen. Die Handlung selbst äußert sich in Bewegungsabläufen, welche durch bestimmte Schlüsselreize über einen Auslösemechanismus in Gang gesetzt werden.
Instinkthandlungen wurden im Verlauf der Stammesgeschichte des jeweiligen Tieres erworben und dienen oft dem Arterhalt. Sie sind genetisch in der Erbsubstanz gespeichert.
Das Instinktverhalten umfasst
- angeborene Triebe
- angeborene Objektkenntnis
- angeborenes Können
Instinktverhalten hat dabei immer eine starre Form, ist angeboren und artgebunden! Man spricht auch von arteigenen Handlungsprogrammen.
Merkmale einer Instinkthandlung:
- Informationsaufnahme und Informationsverarbeitung
Im Gegensatz dazu:
Als erlerntes Verhalten bezeichnet man die Verhaltensweisen, welche durch das Beispiel der Eltern oder Artgenossen oder durch eigene Erfahrung, Prägung oder Gewöhnung erst im Laufe des Lebens individuell erworben werden. Voraussetzung für das Lernen ist ein Informationsspeicher (das Gehirn/ Gedächtnis).
Ablauf einer Instinkthandlung am Beispiel des Beutefangverhaltens bei Kröten
Eine Kröte ist hungrig, sie läuft umher und ist deutlich unruhiger, als sie es noch vor wenigen Stunden war. Eine satte Kröte hat eine andere Grundstimmung, als eine hungrige.
Erblickt die Kröte eine Fliege, so wendet sie sich dieser ruckartig zu und fixiert sie mit ihrem Blick.
Hat die Fliege eine günstige Position, schnellt die klebrige Zunge hervor, mit der sie das Insekt fängt und dann verschluckt. Das Krötenmaul wird abschließend mit dem Vorderbein gereinigt (Wischbewegung).
Unterscheide: Ist ein Verhalten angeboren und kann aber nicht eindeutig als Instinktverhalten (Erbkoordination) identifiziert werden, so spricht man von „festgelegten Reaktionsmustern“.
(Angeborener) Auslösemechanismus:
Signal, welches ein bestimmtes Verhalten auslöst. Dabei sind Auslösemechanismen so etwas wie neurosensorische Filter, welche nur genau definierte Verhaltensweisen auslösen. Unwirksame Reize hingegen werden herausgefiltert und lösen keine Reaktion aus.
Adaptation:
Unter Adaptation versteht man die Anpassung an wiederholte oder andauernde Reize. Je öfter oder je länger ein Reiz vorkommt, desto abgeschwächter findet die Reaktion statt. Dies kann bis zum Ausbleiben der Reaktion stattfinden.
AAM = angeborener Auslösemechanismus:
Die Verknüpfung zwischen einem Reiz und der darauf folgenden Reaktion des Tieres ist angeboren und somit unveränderlich. Sie wird nicht erlernt! Stattdessen wurde sie im Laufe der Stammesgeschichte der jeweiligen Art erworben!
EAAM = Ein durch Erfahrung erweiterter (oder modifizierter) und ergänzter angeborener Auslösemechanismus:
Zeigt ein Lebewesen auf einen Reiz hin eine Reaktion, die zwar angeboren ist, aber im Laufe des Lebens eines Tieres erweitert und ergänzt (z.B. verfeinert) wurde. Z.B. junge Kröten fangen mit ihrer Zunge
als Jungtiere auch Wespen, durch schmerzhaften Erfahrungen lassen sie dies aber später sein! Ich täte dies genauso :-)
EAM/ EA = erlernter / erworbener Auslösemechanismus:
Findet eine Reaktion auf einen Reiz statt, welche nicht angeboren ist, so muss sie erlernt sein! Fische können beispielsweise den Abschnitt am Teich erlernen, an dem sie gefüttert werden. Dazu muss man ihnen das Futter nur immer im gleichen farbigen Eimer bringen. Schon bald „erkennen“ die Tiere das Merkmale „farbiger Eimer“ als Schlüsselreiz für „Futter“. Sowas klappt bei vielen Wirbeltieren (z.B. Hunden und Pferden). Es ist das Grundprinzip der Dressur.
Auslösereize sind Reize, welche ein Verhalten auslösen. Sie können sogar summiert werden, die Reaktion ist dann u.U., stärker (Reizsummenphänomen).
Richtende Reize sind Auslösereize, welche für die Orientierung einer Handlungsweise im Raum verantwortlich sind. Dabei verstärken sich oft die beiden Vorgänge des Auslösens und Richtens.
Hemmende Reize sind ebenfalls in der Natur häufig anzutreffen. Sie verhindern z.B. bei Wirbeltieren, dass der Nachwuchs gefressen wird oder das noch nicht geschlechtsreife Jungtiere von dominierenden Männchen angegriffen werden.
Die Motivation auslösende Schlüsselreize zu suchen, nennt man Appetenz
Dabei wird unterschieden zwischen ungerichtetem Appetenzverhalten (aktive Suche nach einem bestimmten Schlüsselreiz - wird er dann wahrgenommen, löst er das gerichtete Appetenzverhalten aus!) und dem gerichteten Appetenzverhalten
(=Taxis, =Ausrichtung auf einen Schlüsselreiz hin).
Während Reflexe immer auftreten können, ist für das Auftreten von Instinkten die Handlungsbereitschaft notwendig. Diese Handlungsbereitschaft ist auch für viele erlernte Verhaltensweisen erforderlich!
Aufgaben:
1. „Endhandlungen sind formkonstant“. Finde Beispiele für diese Aussage.
2. Erstelle eine Tabelle und ordne Dir bekannte Verhaltensweisen zu:
3. Erläutere das Prinzip der doppelten Quantifizierung anhand eines Beispiels.
Angeborenes Verhalten |
Teilweise erlerntes Verhalten
|
|
Reflex |
Instinkt |
|
Ballfangen eines Hundes Speichelfluss beim Anblick von Nahrung Sperren der Vogeljungen
Mensch: Stolperreflex Blinzeln Saugreflex |
Jagd der Wespe Balz Netzbau der Spinne Fressen beim Wolf Begattung beim Hund Lachsjagd beim Bären Eierbrüten bei Vögeln Kämpfen des Hahns Bellen des Hundes, Reviermarkierung Verscharren von Nüssen beim Eichhörnchen Fliegenfangen des Frosches Eiablage Schildkröten Reviermarkierung bei Hunden
|
Orientierung des Wolfes im Wald Gesang der Amsel Nestbau beim Adler Jagd des Wolfes Fliegen beim Vogel Ballspielen beim Affen Vogelzug Dressur |
Zusatzinformationen:
V: Marschierende Prozessionsspinnerraupen folgen ihrem Vorgeher, bis auf die allererste. Wenn diese stoppt, stoppen alle. Welche Raupe allerdings vorgeht, ist zufällig. In einem Versuch hat man nun diese Raupen in einer Kreisbahn angeordnet und somit das erste Tier beim letzten angehängt.
B: Die Raupen krochen so lange immer im gleichen Kreis, bis sie komplett erschöpft waren. In einigen Versuchen krochen sie bis zum Tode.
S: Das Nachfolgen ist in diesem Fall eine Instinkthandlung. Ablaufende Instinkthandlungen können in der Regel nicht unterbrochen werden!
Diskutiere: Können AAM und Taxis auch in umgekehrter Reihenfolge auftauchen? Lehrbücher sind sich in diesem Punkt nicht einig. Wie ist Deine Einschätzung?
Ein Begriff, der in diesem Zusammenhang in einigen Büchern auftaucht, ist der Begriff „Kinese“.
Eine Kinese ist eine ungerichtete Bewegung, welche auf einen Reiz, aber auch ohne Anlass erfolgen kann. Sie stellt die einfachste Form einer Bewegung, bzw. die Veränderung der Bewegungsaktivität eines Lebewesens, dar.
So bewegen sich Asseln schneller, wenn es trocken ist und bewegen sich so zum Feuchten. Eine Motivation muss dazu nicht vorliegen. Oft wird der Begriff „Kinese“ auch mit Appetenz synonym verwendet!
Als Reflex bezeichnet man die angeborene, sehr schnell, automatisch und unbewusst ablaufende neuronale Reaktion auf einen spezifischen auslösenden Reiz. Reflexe sind oft nur kurze Reaktionen, keine komplexen Handlungsabfolgen. Sie benötigen keine vorhergehende Handlungsbereitschaft.
Ein Schlüsselreiz ist externer Reiz (eine Farbe, ein Gegenstand, eine bestimmte Form, ein Geruch usw.), der eine angeborene fest ablaufende Reaktion (fast immer eine Instinkthandlung!) bei einem Tier auslöst.
Als Taxie bezeichnet eine gerichtete Orientierungsbewegung eines Lebewesens hin zu einem Gegenstand oder anderem Lebewesen.
(1) Appetenzverhalten
Ungerichtete Bewegungen, variables Suchen nach einer auslösenden Reizsituation bzw. Schlüsselreizen. Die Stärke des Appentenzverhaltens ist abhängig von der inneren Handlungsbereitschaft (= Motivation)
↓
Vorhandensein eines Schlüsselreizes
↓
(innerer) AUSLÖSEMESCHANISMUS
↓
(2) Taxis
Gerichtete Orientierungsbewegung/ Annäherung in Bezug auf eine Reizquelle (= gerichtete Appetenz)
↓
(3) Endhandlung (Erbkoordination)
Abschließende relativ starre Handlung (Erbkoordination, erbbedingte Steuerung), einmal ausgelöst, läuft sie automatisch und vollständig ab. Die Ausführung der Endhandlung wirkt antriebssenkend.
Entnimmt man einem Gelege von Gänseeiern ein Ei und legt es neben das Nest, so kann man stets die gleiche wiederkehrende Verhaltensweise der brütenden Gans beobachten. Die Gans greift mit ihrem Schnabel von oben um das Ei und rollt es mit der Schnabelunterseite schiebend wieder zurück ins Nest. Selbst wenn man der Gans das Ei während dieses Ablaufes wegnimmt, setzt sie ihre Verhaltensweise unbeirrt fort.
Was ist hier Appetenz, Taxis, Endhandlung?
=> Die Eirollbewegung der Graugans ist eine Instinkthandlung ohne Appetenzverhalten!
Stattdessen sind Taxis und Endhandlung miteinander verschachtelt.
Weitere Beispiele:
- Netzbau der Spinne
- Tanzsprache der Bienen
- Ausdrucksbewegungen der Balz
- Kampf gegen Artgenossen
Zusatzinformationen:
Auch ohne Ei wird die Rollbewegung zurück ins Nest durchgeführt.
(Auf diesem Foto sieht man, dass die Bewegung sogar ohne Ei und ohne Nest durchgeführt wird ;-) )
Die Hausgans ist die vom Menschen domestizierte Form der Graugans. Sie kommt in den Farben weiß, braun und grau vor. Sie ist etwas friedlicher als die Graugans, dennoch sollte man auch hier etwas vorsichtig sein, da sie über spitze Zähne (siehe Pfeil) und einen kräftigen Biss verfügen.
Eine weibliche Hausgans kann bis zu 60 Eier legen. Je nach Haltungsmethode erreichen die Gänse in 9 bis 32 Wochen ihr Schlachtgewicht (ca. 5-7 kg). Man spricht auch von Mastgänsen. Sie sind für Bauern in der Vorweihnachtszeit ein willkommener Zusatzverdienst.
Zusatzinformationen:
Äußere Reize und innere Bedingungen bestimmen gemeinsam die Stärke eines gezeigten Verhaltens. Die Intensität der Reaktion ergibt sich aus Stärke und Qualität der äußeren Reize, und aus der Höhe der Handlungsbereitschaft (Motivation).
Das Prinzip der Doppelte Quantifizierung:
Die Intensität einer Instinkthandlung ist von der Höhe der inneren Handlungsbereitschaft und der Intensität/ Stärke des Schlüsselreizes abhängig.
Wenn einer der beiden Faktoren groß ist, kann leicht eine Instinkthandlung ausgelöst werden.
z.B.:
(nach Bernard Hassenstein) - auch Blockschaltbild genannt
Das Modell (von 1973) erklärt z.B. die ablaufenden Vorgänge bei der Nahrungsaufnahme. Nahrung stellt dabei den Reiz dar (komplexes Reizmuster). Dieser wird im Koinzidenzelement mit der Stärke der Motivation verrechnet. Ist die Summe beider Elemente hoch genug, so wird das Verhalten zur Nahrungsaufnahme ausgelöst. Über einen Fühler findet eine Rückmeldung statt, welche die Motivation vorübergehen vermindert. Die Reaktion bewirkt weiterhin, dass der Versorgungszustand ebenfalls verändert wird, da dem Körper ja Nahrung zugeführt wird. Die senkt vorläufig ebenfalls die Motivation. Nach einiger Zeit bekommt das Tier wieder Hunger, der Versorgungszustand verschlechtert sich, die Motivation steigt wieder.
Was passiert, wenn kein Reiz vorliegt?
Voraussetzung der Instinkthandlung ist die innere Handlungsbereitschaft
= Antrieb
= Trieb
= Motivation
Die Handlungsbereitschaft hängt z.B. ab von:
Die Handlungsbereitschaft hängt außerdem von vorangegangenen Schlüsselreizen ab (siehe Habituation und Bahnung!).
=> vorangegangene Schlüsselreize können hemmen oder verstärken!
Nach Ablauf der Endhandlung nimmt die Handlungsbereitschaft ab (negative Rückkopplung)!
Man kann sich vorstellen, dass es unterschiedlich starke Motivationen für Verhalten gibt. Einer solchen Vorstellung liegt dem Modell der hierarchisch Organisation der Handlungsbereitschaften zugrunde.
Auf der untersten Ebene wird jeder Erbkoordination eine Handlungsbereitschaft zugeordnet. Diese Handlungsbereitschaften werden in Untergruppen (z.B. Brutpflege, Paarungsverhalten, Revierverhalten, usw.) zusammengefasst, welche mit den Obergruppen (z.B. hier in diesem Beispiel „Fortpflanzungsbereitschaft“) beschrieben werden können.
Somit ist jede untergeordnete Handlungsbereitschaft gemeinsam mit anderen untergeordneten Handlungsbereitschaft auch von der ihr übergeordneten Handlungsbereitschaft abhängig! Handlungsbereitschaften können endogen (von Innen, durch eine spontane Motivation) oder exogen (Reaktivität) beeinflusst werden.
Wenn Endhandlungen längere Zeit nicht ausgelöst werden, kommt es bei einigen Verhaltensweisen zu einer Schwellenerniedrigung, welche dann auch schnell ein Appetenzverhalten auslöst (z.B. bei der Nahrungssuche!).
Die Handlungsbereitschaft ist somit für Appetenzverhalten und Erbkoordination verantwortlich. Der Unterschied liegt vor allem darin, dass Appetenzverhalten im Vergleich zur Erbkoordination variabler und unspezifischer ist. Eine erbkoordinierte Handlung lässt sich beim Betrachten z.B. schnell erkennen und zuordnen. Wonach aber ein Tier z.B. sucht (Appetenzverhalten), kann man in der Regel nicht vorhersagen. Erst wenn die Endhandlung abgelaufen ist, weiß man, welche Appetenz vorlag.
Extreme Schwellenerniedrigung kann ein einigen Fällen zu Leerlaufhandlungen führen.
Aufgaben:
1. Beobachte ein Tier Deiner Wahl mal für einige Minuten. Versuche dabei ein Ethogramm zu erstellen und versuche dann, Handlungsbereitschaften zu erkennen.
Tageszeit: Das Jagdverhalten sowie die Zeit der Nahrungssuche sind bei vielen Tieren von der Tageszeit abhängig (siehe auch Ökologie: nachtaktive/ tagaktive Tiere)
Jahreszeit: Verhaltensweisen wie Zugverhalten, Paarungszeit sowie die Brutzeit hängen in hohem Maße von der Jahreszeit ab! Vermutlich können diese Tiere die Jahreszeit z.B. über die veränderte Tages-/Nachtlänge feststellen.
Endogene Rhythmik: Tiere, die in Gegenden ohne Jahreszeitenwechsel leben (z.B. in den Tropen) haben Brutphasen auch nur zu bestimmten Zeiten des Jahres! Diese Tiere richten ihr Verhalten nach einer inneren Uhr aus.
Ökologische Faktoren: Faktoren wie beispielsweise Dichtestress und Überpopulation verursachen sozialen Stress, der ein verändertes Brutverhalten zur Folge haben kann.
Aufladende Reize: Ist ein Beutetier nicht erreichbar, z.B. der für eine Katze im Goldfischglas unerreichbare Fisch sowie Misserfolg einer vorhergehenden Handlung, kann Einfluss auf die zukünftige Handlungsbereitschaft haben.
Lebensalter: Einige Verhaltensweisen, wie z.B. das Sexualverhalten sind altersabhängig. Sie erfolgen erst nach einer Reifezeit des Körpers, wenn die entsprechende Geschlechtsreife erreicht ist.
Hormone: Sexualhormone beeinflussen die Einleitung von Balzhandlungen oder steuern das Brutverhalten.
Gesundheitszustand: Krankheiten können z.B. Verhaltensweisen unterdrücken. So vermeiden Rudeltiere bei Krankheit Rangordnungskämpfe!
Endogener Antrieb: Innere Faktoren, wie Hunger, Durst können eine Handlungsbereitschaft deutlich erhöhen. Entsprechend ist die Bereitschaft gering, wenn das Tier gerade gefressen hat.
Erfahrungen: Erfahrungen beeinflussen tierisches Verhalten. So meidet ein Hund z.B. einen Igel, wenn er vorher beim Spielen eine schmerzhafte Erfahrung mit Igeln gemacht hat.
Reflex |
Instinkthandlung |
- keine innere Handlungsbereitschaft |
- innere Handlungsbereitschaft erforderlich |
- unterliegt der Ermüdung |
|
- Die Reaktionsstärke ist nicht immer gleich (=variabel) |
|
- passives Verhalten |
- aktives Verhalten |
- oft Schutzreaktionen |
- dienen oft dem Arterhalt |
Appetenz bei der Eidechse
Ein Hund bellt, wenn er z.B. jemanden an der Haustür wahrgenommen hat. Er reagiert mit seinem Bellen auf einen bestimmten Reiz. Der Reiz kann vom Briefträger, dem Nachbarn oder einem Vertreter sein. Der reagiert immer, wenn er bestimmt Geräusche hört (Schritte, Knarren der Treppen, Klingel usw.). Ein Schlüsselreiz ist wie ein passender Schlüssel, der ein Schloss (Verhalten) aufschließt. Der Schlüsselreiz selbst, kann dabei alles Mögliche sein: Gerüche, Töne, Duftmarken, Kälte- oder Wärmereize, Geräusche, Bewegungen, Bilder, Licht, Handlungen usw.
Schlüsselreize lösen ein bestimmtes Instinktverhalten aus.
Sie sind Reize, die ein Lebewesen als bedeutungstragende Signale, d.h. als Nachrichten aus seiner Umwelt erkennt und bestimmte angepassten Verhaltensweisen auslöst. Voraussetzung ist das Vorhandensein der entsprechenden Handlungsbereitschaft.
Schlüsselreize sind Reize, die ein Lebewesen als bedeutungtragende Signale, d.h. als Nachrichten aus seiner Umwelt erkennt und mit bestimmten angepassten Verhaltensweisen beantwortet (Tinbergen, Lorenz).
Schlüsselreize lösen ein bestimmtes Instinktverhalten aus.
Beispiele:
Einfache Nachbildungen von auslösenden Reizsituationen können auch Instinktverhalten auslösen.
Der Beutefang einer Kröte kann beispielsweise auch durch Papierschnipsel ausgelöst werden!
Wichtig: Die Attrappe muss in Größe, Kontrast, Bewegung (seitlich, nicht frontal) der Vorlage ähneln.
Welche Teilreize wirken als Schlüsselreize?
z.B. - Beutefang des Gelbbrandkäfer (Kaulquappen)
- Schlüsselreiz für Beutefang => chemischer Stoffe
- Schlüsselreiz für Zupacken => mechanischer Reiz (Berührung)
- Kombination zweier Reize.
Zusatzinformationen:
Beobachtet man Schmetterlinge, so kann man oft durch genaues Hinsehen das Geschlecht der Tiere am Verhalten erkennen. Männchen landen auf Blüten und kümmern sich meist nicht darum, wenn weitere Männchen auf der gleichen Blüte landen. Nach kurzer Zeit fliegen beide in verschiedene Richtungen wieder fort.
Nähert sich nun aber ein Weibchen der Blüte, so fliegt das Männchen herbei und umfliegt das in der Luft fast auf der Stelle wartende Weibchen. Das Männchen umflattert es. Fliegt das Weibchen dann weg, folgt das Männchen. Es umfliegt mehrfach das Weibchen, welches sich schließlich auf einer Blüte niederlässt und die Flügel weit öffnet. Bleiben beide ungestört und ist die Handlungsbereitschaft ausreichend groß, berühren sie sich ausgiebig mit den Fühlern, Flügeln und Hinterleib. Im Anschluss kommt es dann zur Paarung!
Aufgaben:
Auslösemechanismus: Gesamtheit aller Strukturen des Organismus, die an der selektiven Auslösung einer Reaktion beteiligt sind (also ein Filter- oder Erkennungssystem)
Der Auslösemechanismus ist ein neurosensorischer Mechanismus.
Fütterung des Nachwuchses mit Insekten => Insekten werden in Attrappe gegeben, wenn Attrappe orange ist und eine schwarze Innenzeichnung hat.
Mehrere aufeinander folgende einzelne Reize werden nicht einfach addiert! Vielmehr fördern und verstärken sich gegenseitig in ihrer Wirkung!
=> Erst durch deren Kombination wird eine stärkere Wirkung erzielt.
So können z.B. mehrere unterschwellige Reize nacheinander eine Reaktion auslösen.
Liegen bei einem Tier eine Situation vor, bei der zwei verschiedene Reaktionen oder Instinkthandlungen erfolgen können, so setzten sich diese nicht gleichzeitig um, sondern nacheinander oder gar nicht!
Definition Instinkthandlung: ererbte Handlungsabfolge, bestehend aus einer Orientierungs- und Bewegungskomponente
Abfolge einer Instinkthandlung:
a) ungerichtetes Appetenzverhalten (z.B. Umherfliegen, Wartestellung, usw.)
b) gerichtetes Appetenzverhalten (Annäherung)
c) instinktive Endhandlung (Ergreifen, Töten u. Verzehren, evtl. Säubern, usw.)
Die drei Handlungsschritte der Instinkthandlung bestehen aus ererbten und arteigenen Handlungsprogrammen. Sie laufen immer bis zum Ende ab. Das Appentenzverhalten kann aber bei manchen Instinkthandlungen fehlen!
Konrad Lorenz: „Die erblich festgelegte Endhandlung heißt Erbkoordination“. Ihr Ablauf ist streng koordiniert ist und er kann nur leicht (z.B. durch Lernen) verändert werden. Die Endhandlung ist arttypisch!
Beispiele für ererbtes Verhalten:
1. Handlungsbereitschaft:
2. Reizkette:
3. Schlüsselreiz und Auslöser:
Der angeborene auslösende Mechanismus erkennt Schlüsselreize und löst durch das ZNS die dazugehörige Verhaltensweise aus.
Begründe mit dem kybernetischen Instinktmodell von Konrad Lorenz, warum ein Austernfischerweibchen einen vor das Nest gelegten (angemalten) großen Stein, anstelle des eigenen Eis ausbrütet.
Übergroße Attrappen (auch übernormaler Auslöser genannt) sind meist künstlich und tauchen in der Natur in der Regel nicht auf. Sie stellen eine Reizsituation dar, die einen natürlichen Reiz in seiner auslösenden Wirkung übertrifft.
Wenn sie nicht zu groß sind, lösen sie eine stärkere Instinkthandlung aus.
Weiteres Beispiel für übergroße Attrappen:
Der Kuckuck ist ein Brutschmarotzer. Das Weibchen legt seine Eier in ein fremdes Nest. In der Regel ist der heranwachsende Kuckuck größer als seine „Stiefgeschwister“ im gleichen Nest.
Das Kuckucksjunge hat einen großen, sich sehr weit öffnenden Sperrrachen.
=> Adoptiveltern füttern nur das Kuckucksjunge.
Das Kuckucksjunge wird von den „adoptierten“ Eltern nur deswegen so sehr gefüttert, weil sein Schnabel größer als die der Mitkonkurrenten sind und somit ein stärkerer Schlüsselreiz auf die Vogeleltern wirkt.
Aufgaben:
1. Spielt übergroße Reize bei Menschen eine Rolle? Finde Beispiele aus der Werbung, wo bewusst große Reize auf die Zuschauer einwirken. Wo liegt der Unterschied zu den hier Reizen bei Tieren?
Spontanes, nicht ausgelöstes Verhalten. Ursache ist die Komplexität des reizverarbeitenden Systems (~ Fehlerhäufigkeit).
Wird ein Schlüsselreiz einem Tier mehrfach gezeigt, steigt die Reizschwelle für diese Reaktion. Die folgende Reaktion tritt erst bei deutlich höheren Reizstärken auf. Bei weiterer Präsentation eines Reizes lässt auch die Reaktionsstärke (als Antwort auf den Reiz) trotz gleicher Reizstärke in ihrer Durchführung oder Häufigkeit nach. Nach sehr vielen Reizungen bleibt die Bewegung auch bei starken Reizen ganz aus.
Biologischer Sinn: Sinnlose und überflüssige Reaktionen werden so vermieden. Da ja auch immer nur eine Reaktion ablaufen kann, wird das Tier nicht unnötig durch eine sinnlose erneute Reaktionen „blockiert“ (Wachhaltung für neue Reizsituation) (Bsp. Wischreaktion des Frosches).
Kurzfristige Habituation = Ermüdung
Langfristige Habituation = Gewöhnung
V: Eine ausgestopfte Eule wird einem im Käfig sitzenden Buchfinken präsentiert. Die Eule ist in freier Natur ein Fressfeind des Finken.
B Der Buchfink gibt eine Vielzahl von Lautrufen von sich, welche während der ersten Minuten häufiger werden. Nach einiger Zeit nehmen sie dann ab, um fast ganz nachzulassen. Zeigt man die Eule am nächsten Tag erneut, ist die Reaktion zuerst auch wieder heftiger, aber insgesamt schwächer als am Vortag.
y-Achse: Rufe pro 10s
Ruf-Reaktion eines Buchfinken auf einen gleichbleibenden und unveränderten Reiz (in Form einer ausgestopften Eule)
S: Auf einen dauerhaft gebotenen Reiz nimmt die Reaktion anfänglich zu (= Schwellenerniedrigung).
Bei dauerhafter Reizung lässt aber dann auch die Reaktion wieder nach (Habituation).
Was ist eigentlich, wenn zwei Verhaltenstendenzen gleichzeitig aktiviert sind und die entsprechenden Schlüsselreize vorliegen?
Meist erfolgt erstmal nur meist eine Verhaltensweise. Verhalten wie Nahrungsaufnahme, Balz, Flucht usw. sind voneinander getrennt und laufen nacheinander ab.
Beispiel:
Bei Springspinnen sehen sich bestimmte Beutetiere (wie Fliegen) in Größe und Form und die Springspinnenweibchen ähnlich. Präsentiert man den Männchen eine Attrappe vor, welche vom Aussehen zwischen dem Aussehen der Weibchen und dem der Beute steht, so wird entweder ein Beutefang- oder ein Balzverhalten ausgelöst
Das Besondere dabei ist, dass
- je länger das Männchen bereits gehungert hat, desto häufiger wird das Beutefangverhalten - ausgelöst.
- je länger die letzte Paarung zurückliegt, desto häufiger wird Balzverhalten ausgelöst.
Ein gemischtes Verhalten aus Beutefangelementen und Balzelementen findet niemals statt! Das Tier entscheidet sich immer für eine der beiden Verhaltensweisen, die andere Verhaltensweise wird unterdrückt.
=> Fast alle Verhaltenstendenzen stehen bei Tieren zueinander in einem Verhältnis der gegenseitigen Hemmung. Die jeweils am stärksten aktivierte Verhaltenstendenz unterdrückt alle schwächeren.
Beispiel: Das Wahrnehmen eines überfliegenden Greifvogels kann beim Buchfink den Gesang hemmen!
Für die Beurteilung der Reaktionsfähigkeit eines Individuums ist also wichtig zu erfassen, welche anderen Aktivitäten gerade ablaufen oder abgelaufen sind.
Beachte: Es besteht eine Wechselbeziehungen zwischen Handlungsbereitschaften:
Überlagerung: zwei Handlungen kommen simultan zum Ausdruck:
z.B.: Vogel brütet und führt gleichzeitig Nestbaubewegungen aus
Alternierende Handlungen (ambivalentes Verhalten):
Abwechselnde Handlungen können zum Ausdruck kommen (hin- und herpendeln):
z.B.: - Schwertträgermännchen können im raschen Wechsel Weibchen anbalzen und Rivalen bedrohen
- Ein Hahn kann sich beim Anblick eines Rivalen nicht zwischen Flucht und Angriff entscheiden. So kommen beide Verhaltensweisen abwechseln zum Ausdruck.
Wenn eine Verhaltensweise bereits begonnen hat, aber durch äußere oder innere Umstände am Fortgang gehindert wird, so kann eines der folgenden Verhalten auftreten:
Beispiele:
1. Wenn bei Menschenaffen wie Schimpansen ein Männchen sein Aggressionsverhalten (z.B. ausgelöst durch Futterneid) nicht am ranghöheren Tier ausleben kann, erfolgt eine Umorientierung auf rangniedere Tiere (umaddressierte Aggressionshandlung).
2. Menschen hauen bei Aggression auf den Tisch oder stampfen auf den Boden.
3. Dringt in das Territorium eines Lachmöwen-Männchen ein Weibchen ein, so kann es passieren, dass das Männchen in Konflikt gerät zwischen aggressionsauslösenden und aggressionshemmenden Reizen. Als Reaktion kann das Männchen unbeteiligte Artgenossen angreifen.
Beispiele:
1. Nähert man sich einem Singvogel, der auf einem Zweig sitzt, ohne ihn jedoch so stark zu reizen, dass er davonfliegt, so zeigt er nur Andeutungen von Abflugbewegungen. 2. Einige Vögel picken nach zufällig umherliegendem Nistmaterial lange vor dem Beginn des Nestbaus.
3. Viele Schwarmvögel (aber auch andere) zeigen ein auffallendes Einknicken der Laufbeine kurz vor dem Abflug. Vermutlich hat dies eine synchronisierende Wirkung.
Bsp: Übersprungspicken bei kämpfenden Haushähnen
Erklärung: Eine mittlerweile recht anerkannte Theorie dazu ist die „Enthemmungshypothese“. Sie besagt, dass zwei gleichstark aktivierte (sich widersprechende!) Verhaltensweisen (oft Instinkte!) (oft Flucht und Angriff) sich gegenseitig hemmen und stattdessen eine dritte Verhaltensweise (mit einer schwächeren Handlungsbereitschaft) die zuvor gehemmt war, zum Vorschein gelangt.
Übersprungspicken beim Hahnenkampf
Quelle Bild: Public domain by US Military & Wikicommonsuser BrokenSphere - Thank you; http://commons.wikimedia.org/wiki/Image:Philippine_cockfight_1900-02.JPG; http://quod.lib.umich.edu/cgi/i/image/image-idx?id=S-SCLPHILIMG-X-37%5DPHLK142
Zusatzinformationen:
Stichlinge sind Fische, welche im Süßwasser vor allem in Küstennähe leben. Ihren Namen verdanken sie den 3-16 Einzelstacheln in ihrer Rückenflosse. Die Paarung des Stichlings zeigt eine Besonderheit:
Das Männchen hat während der Paarungszeit einen deutlich sichtbaren roten Bauch. Das Weibchen ist erkennbar am deutlich dickeren, bereits mit Eiern gefülltem Bauch. Dieser löst eine Reaktion beim Männchen aus, welche etwas beim Weibchen auslöst.
Die Handlungen von Männchen und Weibchen bei der Balz scheinen aufeinander abgestimmt zu sein und jeweils beim Partner eine Reaktion hervorzurufen. Die Instinkthandlung des einen Fisches stellt dabei jeweils den Schlüsselreiz für das darauf folgende Verhalten des Partners dar. Die daraufhin ausgeführte Instinkthandlung ist dann der neue Schlüsselreiz für den anderen Partner.
Die Abfolge ist immer die Gleiche:
Männchen |
Weibchen |
Das Männchen lockt ein Weibchen mit seinen Paarungsfarben an |
|
=> Das Weibchen schwimmt in das Revier des Männchens und präsentiert seinen dicken Bauch. |
|
=> Das Männchen schwimmt im Zick Zack (Zick Zack Tanz) |
|
=> Das Weibchen folgt dem Männchen
|
|
=> Das Männchen weist mit dem Maul zum Nesteingang |
|
=> Das Weibchen schwimmt in das Nest hinein
|
|
=> Das Männchen stupst das Weibchen mit dem Maul ans Hinterteil. |
|
=> Das Weibchen legt die Eier ab |
|
=> Das Männchen besamt die Eier
|
|
=> Das Weibchen schwimmt weg.
|
|
=> Ausbrüten der Eier: Das Männchen wärmt die Eier und versorgt sie mit genug frischem sauerstoffhaltigem Wasser. |
In verschiedenen Büchern findet man diese Auflistung mal detaillierter, teils weniger detailreich.
Es bleibt aber eine Tatsache, dass es nur wenige so streng geregelte (stereotype) Abfolgen von Instinkthandlungen gibt. Auch beim Stichling ist die Abfolge leicht variierend. Einzelne Instinkthandlungen können unterbleiben oder wiederholt werden.
Einige Instinkthandlungen treten nicht isoliert auf, sondern nacheinander in einer festen Folge hintereinander ablaufender Einzelhandlungen. Dabei ist eine Handlung der auslösende Schlüsselreiz für eine Folgende, welche wieder als Schlüsselreiz eine weitere Handlung auslöst (usw.).
Man spricht von einer so genannte „Handlungskette“.
Zweck von Handlungsketten:
- Art- und Individualerkennung
- Vermeiden von Irrtümern, z.B. bei der Partnerwahl
Zusatzinformationen:
http://de.wikipedia.org/wiki/Handlungskette
http://de.wikipedia.org/wiki/Stichlinge
Tinbergen hat das Verhalten der Stichlinge genauer untersucht. Dazu setzte er Attrappen mit Bildchen in ein Aquarium, in dem sich Stichlinge befanden. Einige dieser Bildchen zeigten Weibchen mit dickem Bauch, andere zeigten ein rotbauchiges Männchen.
Wenn Tinbergen die Attrappe auf den Kopf stellte und das Versuchsmännchen den roten Bauch noch besser sah, wurde oft ein besonders aggressives Kampfverhalten ausgelöst. Dieses Schwimmen auf dem Kopf kann man übrigens auch bei lebendigen Stichlingen in der Natur beobachten.
Das Schwimmen auf dem Rücken scheint also eine Drohstellung zu sein, welche den Reiz des roten Bauches verstärkt. Tinbergen untersuchte daraufhin die Reaktion auf rückenschwimmende Attrappen ohne roten Bauch. Auch hier wurde gelegentlich ein schwaches Angriffsverhalten ausgelöst. Der rote Bauch ist zur Auslösung von Kampfhandlungen also nicht unbedingt erforderlich.
Weiterhin beobachtete Tinbergen einen Zusammenhang der Reaktion mit der Entfernung zum Nest.
Tinbergen erkannte, dass der rote Bauch kein Schlüsselreiz im klassischen Sinne ist. Je nach Nähe zum Nest löste ein roter Bauch Rivalität und Revierverhalten oder Rückzugsverhalten aus.
Der Reiz roter Bauch führt also zu verschiedenen Verhaltensweisen, in Nestnähe Aggressionen und in größerer Entfernung löst er Rückzugsverhalten aus.
Das Männchen hat nur während der Paarungszeit einen roten Bauch!
Zusatzinformationen:
http://de.wikipedia.org/wiki/Stichlinge
Umgangssprachlich spricht man oft davon, jemand habe gute Instinkte („mein Instinkt sagte mir, dass mit dem Typen etwas nicht stimmt“). Dies ist allerdings bei genauerer Betrachtung Unsinn. Instinkthandlungen laufen, so sie einmal durch einen Schlüsselreiz ausgelöst wurden, bis zur Endhandlung unaufhaltsam ab. Für welche menschliche Verhaltensweise können wird dies behaupten?
Auch beim Menschen lassen sich angeborene Verhaltensweisen beobachten. Diese sind aber:
Im Laufe unserer Stammesgeschichte wurden Instinkthandlungen durch erlernte Verhaltensweisen abgelöst. Diese stellten sich als zwar langwierig zu Erlernen, aber als flexibler und variabler heraus.
z.B. Suchautomatismus: rhythmisches Brustsuchen, Saugmotorik, Klammerreflex
ebenso: Kletter-, Schwimm-, Schreit- und Kriechbewegungen, Schreiweinen und Lächeln
Das Kindchenschema ist eine Kombination von Merkmalen, die beim Betrachter ein Gefühl der Zuneigung und Zuwendung hervorrufen.
Konrad Lorenz: „Es gibt relativ einfache Auslöser für Brutpflegeverhalten beim Menschen“.
Das Kindchenschema wird gerne in der Werbung und in Zeichentrickfilmen ausgenutzt, um z.B. mehr Aufmerksamkeit für sein Produkt zu erlangen.
Auch die Spielzeugindustrie verwendet gelegentlich übernormale Auslöser, um ihre Produkte besser zu verkaufen. z:B. Herstellung von „Brutpflegeersatzobjekten“ (Babypuppen, Tierteddys (besonders bei Produkten von populären Zeichentrickfilmen!) usw.)
Das Kindchen-Schema schafft eine soziale Bindung zwischen Eltern und Kind. Auch Bekannte und Verwandte sind davon betroffen, so dass das Kind immer umsorgt und es beachtet wird.
So werden auch fremde Menschen beim Anblick von (hilflosen) Säuglingen freundlich und zuvorkommend.
Vor allem Mädchen und Frauen haben so das Bedürfnis, mit Kleinkindern zu spielen, sie in den Arm zu nehmen, zu streicheln und mit Ihnen zu spielen. Dies dürfte für die Entwicklung von Kindern förderlich sein. Aggressionen werden unterdrückt.
Das Kindchenschema garantiert also Fürsorge- und Pflegeverhalten.
Es sorgt dafür, dass die hilflosen Tier- und Menschenkinder
während ihrer langen Entwicklung umsorgt und versorgt werden.
Aufgaben:
Ausgelöst durch Hormone während der Pubertät, verändern sich der weibliche und männliche Kinderkörper. Es entstehen schnell erkennbare sekundäre Geschlechtsmerkmale.
Sie sind einfache Auslöser, die uns sofort sexuell ansprechen.
Achsel- und Schambehaarung, Brustwachstum, Wachstum der Geschlechtsorgane, Wachstum des Beckens
Frau:
Mann:
Mode und Schmuck betonen (oder verstecken) die Geschlechtsmerkmale.
1. Primäre Geschlechtsmerkmale (funktionell zur Fortpflanzung notwendige Organe):
2. Sekundäre Geschlechtsmerkmale (in der Regel optische Merkmale): siehe oben
3. Tertiäre Geschlechtsmerkmale: (Verhalten und änderbares Äußeres)
Z.B.: Frisur, Schmuck, Schminke, Ohrringe, Parfum, Ketten, Tücher, Körperhaar,
Kleidung bzw. Unterwäsche, Schuhe, Verhalten, breite Schultern bei Dienstuniformen, usw.
Missbrauch in der Werbung („Sex sells“)
Beeinflussung der willentlichen Entscheidungsfreiheit
a) Verkaufsstrategien:
b) Schlüsselreize:
Heute, da man mehr über die Komplexität des menschlichen Verhaltens und der Zusammenhänge zwischen genetischer Veranlagung und der erziehenden Umwelt weiß, sind einige von Konrad Lorenz Aussagen zu überdenken.
Begriffe und Modelle, die nicht mehr verwendet werden |
Begriffe und Modelle, die weiter verwendet werden |
Begriffe & Modelle, die modifiziert betrachtet werden |
- Das hydraulische Modell - Das Modell vom eindimensionalen Triebstau - Das Modell zu Leerlaufreaktionen - Die Ansicht, dass Töten von Artgenossen eine (unbewusste) Ausnahme oder ein Unglücksfall sei - Evtl. sogar der Instinktbegriff! - Das Modell der Instinkthirarchie |
- Handlungsbereitschaft - Das Schlüsselreizkonzept - Prinzip der doppelten Quantifizierung - Die Abgrenzung zu Reflexen - Filtermechanismen - Erbkoordination: - Prägung - Anpassung von Verhalten durch Evolution |
- Formkonstanz als allgemeines Prinzip angeborenen Verhaltens - die Idee des Artwohls - die Überbetonung der Tötungshemmungen als
|
Zusammenfassung:
Heute, da man mehr über die Komplexität des menschlichen Verhaltens und der Zusammenhänge zwischen genetischer Veranlagung und der erziehenden Umwelt weiß, sind einige von Korad Lorenz' Aussagen zu überdenken.
Heutige Biologen verwenden nicht mehr die Begriffe und Modelle des Triebstaus und das hydraulische Modell. Demzufolge sind auch Leerlaufreaktionen und evtl. der Instinktbegriff (und der Instinkthirachie) als solcher nicht mehr so zu verwenden, wie es Lorenz tat.
Weiterhin können folgende Begriffe und Modelle verwendet werden:
Konzepte wie Schlüsselreize, Handlungsbereitschaft, die doppelte Quantifizierung, Reflexe, Erbkoordination (und die Formkonstanz) , Prägung, Filtermechanismen und die Anpassung von Verhalten durch Evolution
Lorenz‘ Begirff des Artwohls muss neu betrachtet werden.