Kapitel 11.03: Erworbene und erlernte Verhaltensanteile

 

Geprägt und zufrieden :-)

 

(besser les- und druckbar ist dieser Text als odt oder pdf: siehe Kapitel 11.03; https://hoffmeister.it/index.php/biologiebuch)

 

Mindmap Lernen

Mindmap "Lernen"

Weitere wichtige Begriffe zum Thema „Lernen“:

Motivation, Wohlbefinden, störende Faktoren

Gedächtnis (LZG, KZG), Gedächtnisverstärker, Intelligenz, Erfahrung

 

Vergleich von angeborenem mit erlerntem Verhalten

Kennzeichen einer Instinkthandlung als Beispiel für angeborenes Verhalten:

Eine Instinkthandlung ist ein angeborener (=erbkoordinierter) Verhaltensmechanismus mit dem Ziel der Arterhaltung, dabei handelt das Tier zweckmäßig, ohne dies zu wollen oder entscheiden zu müssen. Die Handlung selbst äußert sich in Bewegungsabläufen, welche durch bestimmte Schlüsselreize über einen Auslösemechanismus in Gang gesetzt werden.

Instinkthandlungen wurden im Verlauf der Stammesgeschichte des jeweiligen Tieres erworben und dienen oft dem Arterhalt. Sie sind genetisch in der Erbsubstanz gespeichert.


Ein Schlüsselreiz löst eine passende Verhaltensweise automatisch aus.
Es umfasst: - angeborene Triebe
- angeborene Objektkenntnis
- angeborenes Können

=> Instinkthandlungen haben eine starre Form. Sie sind angeboren und artgebunden!
=> Instinkthandlungen sind arteigene Handlungsprogramme

Lebewesen, die vorwiegend durch angeborene Reaktionen leben, sind natürlich bei Umweltänderungen wenig flexibel. Eine aktive Anpassung an eine sich verändernde Umwelt ist eher durch das Neulernen von Verhaltensweisen möglich.

Angeborene Verhaltensweisen sind eher in sehr stabilen Ökosystemen von Nutzen!

 

Erlerntes Verhalten:

Erlerntes Verhalten umfasst Verhaltensweisen, die durch das Beispiel von Eltern oder Artgenossen oder durch eigene Erfahrung, Prägung oder Gewöhnung erst im Laufe des Lebens individuell erworben werden. Informationsspeicher ist das Gehirn (Gedächtnis). Erlerntes Verhalten ist oft komplex und in der Regel durch den Willen beeinflussbar.

Lernen ist der Vorgang, durch den sich das Verhalten eines Lebewesens aufgrund von Erfahrungen verändert. Diese Erfahrungen werden aufgenommen und gespeichert.

Lernen bietet die Möglichkeit, den Handlungsspielraum eines Tieres zu erweitern. Das Tier kann sich so z.B. wechselnden Umweltbedingungen anpassen und hat somit einen entscheidenden Überlebensvorteil.

 

Achtung: Ermüdungserscheinungen und Reifungsvorgänge gehören nicht zu den Lernvorgängen!

 

Voraussetzungen damit Lernvorgänge ablaufen können:

  • Abrufbarkeit der passenden Information aus dem Gedächtnis
  • Angeborene Verhaltensweisen können durch Lernvorgänge modifiziert werden
  • Vergessen von nicht benötigten Informationen

Der Begriff „Lernen“ beschreibt sozusagen alle erfahrungsbedingten Verhaltensänderungen. Lernvorgänge stellen eine individuelle Anpassung des Individuums an seine Umwelt dar. Sie sind nicht genetisch vorher festgelegt, sondern variabel und somit nicht angeboren!
Die Disposition zum Lernen hingegen ist angeboren.

Aufgaben:

1. Vergleich den Begriff „bedingt“ bei der Konditionierung mit dem Ausdruck „erfahrungsbedingt“)

 

Angeboren oder erlernt?

Verhaltensontogenese ist ein Zweig der Verhaltensforschung, der sich mit der Änderung von Verhalten in verschiedenen Phasen des Lebens beschäftigt. Während noch im vorherigen Jahrhundert die Frage nach „angeboren oder erlernt?“ die Schlüsselfrage war, weiß man heute, dass zumindest bei höher entwickelten Tieren kaum Verhaltensweisen ausschließlich angeboren sind. Lernen und Erlernen von Fähigkeiten spielt fast auch immer eine Rolle.

Die Gene liefern in der Regel die Möglichkeit ein Verhalten auszuführen. Dies ist in der Regel durch einen langwierigen Prozess der Anpassung und der Selektion während der Stammesgeschichte des jeweiligen Tieres geschehen. Das Tier nimmt dazu aber durch seine Sinnesorgane die Umweltinformationen auf und passt in seiner Reaktion sein Verhalten an die jeweilige Umwelt an. Je mehr das Tier dabei vorher gelernt hat, desto erfolgreicher ist die Anpassung der Handlung.

 

Spracherwerb - ein gutes Beispiel zur Verdeutlichung:

Die Fähigkeit zu sprechen ist genetisch beim Menschen veranlagt (=genetische Disposition). Um aber die Muttersprache zu erlernen, muss ein Säugling dazu Informationen (also Sprache der Eltern) aus seiner Umwelt aufnehmen und diese verarbeiten. Je mehr er dabei lernt und je länger der Lernprozess dauert, desto besser wird die Muttersprache erlernt.

 

Lernen: Bedeutung und Voraussetzung

Angeborenes Verhalten ist bei konstanten Umweltbedingungen in einer sich nicht verändernden Umwelt ideal zum Überleben. Aber: Angeborenes Verhalten ist recht starr im Ablauf und wenig Anpassungsfähigkeit bei Umweltveränderungen.

Angeborene Verhaltensweisen: Reflexe und Instinkthandlungen

Erlernte Verhaltensweisen: EAAM, EAM

Bei entwickelten Tieren ermöglichen Lernprozesse dem Tier, dass es sich speziellen Umweltbedingungen anpassen kann. Dieses flexiblere Verhalten sichert das Überleben.

Lernen ist die Fähigkeit, individuelle Erfahrungen zu sammeln, sie zu speichern und sie situationsgerecht anzuwenden. Durch Lernprozesse wird eine Verhaltensänderung bewirkt.

Je höher dabei die Entwicklungsstufe eines Lebewesens ist, desto mehr Lernprozesse kann es bewältigen und durchlaufen.

 

Vermutlich rein angeborene Verhaltensweisen sind z.B. das Schwimmen von jungen Enten und Gänsen sowie viele artspezifische Verhaltensweisen.

 

Man kann "Lernen" in zwei Typen unterscheiden:

Obligatorisches Lernen

Fakultatives Lernen

= Lebensnotwendiger Lernvorgang/ Prozess, der für das Überleben notwendig ist. Er dient in der Regel der Arterhaltung.

= Freiwilliger Lernvorgang/ Prozess. Er ist nicht lebensnotwendig, erleichtert aber das eigene Leben und kann nützlich sein und Vorteile erbringen!

Beispiele:

  • Küken prägt sich das Bild der Mutter ein
  • Nüsse knacken der Eichhörnchen
  • Gesang bei Vögeln
  • Honigbiene lernt die Umgebung des Bienestocks kennen
  • Das Entenküken muss lernen seiner Mutter zu folgen
  • Die Sandwespe muss die Nestumgebung kennen lernen
  • Menschen erlernen ihre Sprache lernen
  • Jungmöwen müssen lernen, gegen den Wind zu landen

Beispiele:

  • Autofahren und Verkehrsregeln erlernen
  • Instrument spielen erlernen
  • Leben Makaken (Affen) in Meeresnähe, dann öffnen sie die dort gefundene Muscheln mit Steinen.
  • Lernen für die nächste Bioklausur ;-)
  • Englische Kohlmeisen haben gelernt Milchflaschenverschlüsse mit dem Schnabel zu öffnen
  • Tierdressuren
  • Bei Menschen: Klavierspielen, Maschinenschreiben usw.

 

Bezug zur Erbkoordination

Rein angeborene Abläufe (z.B. Erkoordinationen) können nicht durch Lernen verändert werden. R. Weiss führte dazu 1941 Versuche an Molchen durch:

Er schnitt bei Molchen die Sehnen von den Beinmuskeln und nähte die Sehnen an die entsprechenden muskulären Gegenspieler. Statt des Beugers wurde also jeweils der Strecker aktiv und umgekehrt.
Diese Molche konnten daraufhin nicht die neue Bewegungsform erlernen und waren unfähig die falschen Bewegungen zu unterlassen und die neue zu erlernen.

 

Beispiele für erworbene (gelernte) Fähigkeiten:

  • Gänseküken und Entenjunge erkennen ihre Mutter und folgen ihr (Nachfolgeprägung)
  • Hühnerküken können Objekte nach ihrer Häufigkeit unterschieden.
  • Jäger lernen oft unpassende Nahrungsbeute zu meiden (so meiden Hechte z.B. die Stichlinge, Vögel bitter schmeckende Raupen sowie Wespen usw.).
  • Der Gesang der Singvögel wird in großen Teilen erlernt (oft vom Vater)
  • Eichhörnchen lernen das Öffnen der Haselnüsse mit einer eigenen Technik
  • Vögel müssen den Nestbau erlernen
  • Schimpansen und Spechtfinken (nur auf Galapagos) lernen mit einem Zweig Insekten aus Baumrinde zu locken

Lerndisposition - die Bereitschaft zum Lernen

Nicht jedes Tier eignet sich zum Lernen gleichermaßen! Tiere sind spezifisch lernbegabt! Dies hängt vor allem vom Entwicklungsgrad ab. So lernen Nichtwirbeltiere kaum. Selbst Fische, Amphibien und Reptilien können kaum lernen. Erst die Entwicklung eines größeren Großhirns (bei Vögeln und Säugetieren) ermöglichte Informationsspeicherung und somit Lernen!

Weitere Faktoren sind das Alter und die Handlungsbereitschaft des Tieres.

Jede Tierart besitzt eine angeborene ihm eigene Lerndisposition.

 

Lerndisposition:

„Disposition“ hat eine leichte Bedeutungsänderung erfahren. Es bedeutet also nicht das Gegenteil von „Position“, sondern eher „bereitstellen“, „Voraussetzung“! Im Zusammenhang mit dem Thema „Lernen“ bedeutet es soviel wie „Lernbereitschaft“.

 

Lernvoraussetzungen

Eine angeborene Lerndisposition (= Lernbegabung) muss vorhanden sein. Diese ist in der Regel eng gekoppelt mit der natürlichen Umwelt und Lebensweise einer Art.

Ein Informationsspeicher (= Gedächtnis) sollte auch nicht fehlen ;-)
=> Gedächtnisspuren (=Engramme)

Lernbereitschaft (Motivation) muss vorliegen.

 

Merke: Angeborenes Verhalten stellt die stammesgeschichtlich entstandene Anpassung einer Art an ihre Umwelt dar. Das obligatorische Lernen hingegen ist die lebensnotwendige Anpassung des Individuums an seine sich verändernde Umwelt.

 

Einfache Lernformen I: Prägung als Sonderform des Lernens

1. Was ist Prägung?

Der Vorgang der Prägung wurde als erstes vom Verhaltensforscher und Nobelpreisträger Konrad Lorenz (1903-1989) am geschlüpften Küken bemerkt. Er nannte es das Phänomen der Prägung. Nach Lorenz ist es ein obligatorischer Lernvorgang oder wie er es auch nannte, eine „Sonderform des Lernens“.

Lorenz bemerkte, dass Küken nach dem Schlüpfen einem Objekt folgen, welches sich bewegt und Laute von sich gibt (spezifische Schlüsselreize = Laute & Bewegungen). Dieses Objekt „prägt“ sich dem Küken ein. Normalerweise ist dies in der Natur das Gesicht und der Körper der Mutter. Lorenz bemerkte, dass neben ihm selbst auch unbelebte Gegenstände als „Ersatzmutter“ dienen können.

Dies geschieht allerdings nur während der sensiblen Phase, welche beim Küken nur die ersten 24h im Leben des Kükens sind. Die Zeitdauer ist genetisch festgelegt und immer im Frühentwicklungsstadium.

Der Prägungsprozess ist umfassend (universell) & unumkehrbar (irreversibel). Bleibt der prägende Schlüsselreiz während der sensiblen Phase aus, erfolgt keine Prägung, da diese nicht nachholbar ist!

 

Vorgang der Objektfixierung:

=> Prägungsinhalte werden mit angeborenem Verhalten verknüpft.

=> Bilden Schlüsselreiz (für das gesamte Leben!) und lösen somit ein bestimmtes Instinktverhalten aus.

Prägungen sind rasche und dauerhafte Lernvorgänge, die während einer sensiblen Phase der Entwicklung stattfinden:

Prägung ist ein sehr früher, einfacher und schnell ablaufender Lernprozess, welcher in einem speziellen Prägeprozess, der nur in einer sehr kurzen Zeitspanne (z.B. kurz nach dem Geburt/ Schlüpfen) möglich ist. Dieser Zeitraum wird „sensiblen Phase“ genannt und er führt zu einem stabilen (=irreversiblen) Endergebnis,
d.h. die d
urch Prägung entstandene Lerninhalte werden dauerhaft gespeichert!

=> Sie sind irreversibel gelernt (=> Prägungen können nicht mehr verändert oder rückgängig gemacht werden, d.h., Umlernen oder Verlernen ist nach Ablauf der sensiblen Phase nicht mehr möglich bzw. erschwert.)

 

Prägungen sind im Hinblick auf einen bestimmten Funktionskreis einer Instinkthandlung zugeordnet und finden zu einer Zeit statt, in dem die entsprechende Instinkthandlung noch nicht ausgereift sein muss!

Prägungen sind in der Regel für das Überleben oder die Fortpflanzung des Tieres wichtig.

 

Durch eine Prägung werden dauerhaft Merkmale eines Objektes gelernt, auf das ein bestimmtes angeborenes Verhalten gerichtet wird.

Die Reihenfolge der Prägungen ist artspezifisch. Prägungsprozesse sind unabhängig voneinander. Bei vielen Arten treten sie auch nicht auf.

 

2. Man kennt sechs Formen von Prägung:

  • Nachfolgeprägung
  • Sexuelle Prägung
  • Motorische Prägung
  • Prägung auf den eigenen Nachwuchs
  • Ortsprägung/ Heimatprägung
  • Nahrungsprägung

 

Beispiele für Prägungen im Tierreich:

Nachfolgeprägung (zuerst von K. Lorenz an frisch ausgebrüteten Graugansküken beobachtet):

Gänse- und Entenküken folgen ihrer Mutter, nachdem sich deren Aussehen kurz nach dem Schlüpfen bei ihnen eingeprägt hat.
Dies gelingt mit jedem Objekt, das sich in einem eng begrenzten Zeitraum nach dem Schlüpfen in Nähe der Küken befindet und rhythmische Laute von sich gibt.

Dieser obligatorische und lebensnotwendige Lernvorgang fixiert ein bestimmtes Mutterbild, da die Mutter dem Küken Schutz und Betreuung bietet.

Diese Prägung kann mit Erreichen der Geschlechtsreife abklingen.

Das erste Lebewesen, welches ein frisch geschlüpftes Küken sieht, welches sich bewegt und Laute von sich gibt, löst bei Graugansküken eine Nachfolgereaktion (verbunden mit Grußlauten und Lauten des Wohlbefindens) aus.

Man spricht (fälschlicherweise) von Nachfolgeprägung - es wird aber nicht nicht das „Nachfolgen“ geprägt, diese Reaktion ist angeboren, sondern das Objekt, auf das diese Verhaltensweise erfolgt.

 

Folgende Reize sind zur Prägung notwendig:

- passende Größe des Gegenstands
- Bewegungen
- passende Lautäußerungen

Versuche von Eckhard Hess in den 50er Jahren in seinem Prägungskarussell:

Eckhard Hess ließ Küken hinter einem Gegenstand, auf den sie geprägt waren, in einer speziellen Apparatur im Kreis laufen. So konnte er anhand der Dauer des Laufens und der „Entschiedenheit“ der Küken messen, wann und wie lange die sensible Phase für die Nachfolgeprägung bei Küken einer Art andauert.

Bei Stockentenküken ist die sensible Phase zwischen der 13. Und 16. Stunde nach dem Schlüpfen in ihrem Maximum. Prägungsvorgänge zu dieser Zeit sind besonders fest.

Wartet man mit der Prägung länger, wird sie immer schwieriger durchzuführen. Ab der 36. Stunde findet keine Prägung bei Stockenten mehr statt.

 

Hess zeigte auch,

  • dass selbst Schmerzreize und der Schreck eines Knalls diesen Prägungsvorgang nicht verhindern können.
  • dass ein Umprägen auf einen anderen Gegenstand oder ein anderes Muttertier nicht möglich ist.
  • dass die Nachlaufprägung nach einigen Wochen bei Enten und nach einigen Monaten bei Gänsen erlischt.

Prägungsarten

  • Nahrungsprägung: Bei vielen „Räubern“ prägt sich der Geruch (manchmal auch das Aussehen) der Beutetiere ein. So lernen beispielsweise Iltisse noch vor dem Verlassen des Nestes den Geruch ihrer späteren Beutetiere kennen.

  • Ortsprägung: Zugvögel werden auf ihren Geburtsort geprägt, sodass sie an diesen später wiederkehren können.
    Auch Fische werden auf die Quellbäche geprägt, in denen sie aus ihren Eiern schlüpfen. Als Jungtiere wandern sie dann flussabwärts zum Meer und kehren erst als geschlechtsreife Tiere nach Jahren wieder genau zu dem Ort ihres Schlüpfens zurück. Es fand in der Jugend eine Prägung auf die spezifische „Duftkombination“ des Wassers des Heimatbaches statt.

  • Gesangsprägung/ motorische Prägung
    Vögel müssen den Gesang erlernen. Dass sie singen ist angeboren, die motorische Fähigkeiten dazu werden aber prägungsartig gelernt.
    Bei Buchfinken hat man beobachtet, dass sie, wenn sie ohne Eltern oder andere Artgenossen aufwachsen zwar einen Gesang entwickeln, der nach Länge und Silbenzahl relativ arttypisch ist, aber die Melodie und die arttypische Dreistrophigkeit fehlen.
    Buchfinken, die hingegen mit ihren Eltern aufwachsen, lernen den arttypischen Gesang vom Vater! Wachsen sie mit artfremden Eltern auf, so bilden sie einen Mischgesang.

  • Nahrungsprägung
    Junge Wasserschildkröten, welche von Geburt an mit kleinen Fischen gefüttert wurden, bevorzugten selbst als adulte Tiere noch Fische anstelle von den sonst von ihnen üblicherweise verspeisten Würmern!
    Wasserschildkröten, welche wie üblich, mit Würmern gefüttert werden, bleiben auch als adulte Tiere Wurmliebhaber ;-)

 

Zusatzinformation:

http://de.wikipedia.org/wiki/Prägung_%28Verhalten%29

 

 

3. Nachfolgeprägung im Detail

Bei Enten- und Gänseküken hat man beobachtet, dass diese bereits am ersten Tag nach dem Schlüpfen ihrer Mutter folgen und sich dann immer in ihrer Nähe aufhalten.

Da man ein angeborenes Verhalten vermutete, haben E.H. Hess (an Enten) bzw. K. Lorenz (an Graugänsen) Untersuchungen vorgenommen.

Dazu prägte man Küken zu verschiedenen Zeitpunkten auf gekennzeichnete Muttertiere und sperrte sie dann für kurze Zeit unter einen Karton. Außerhalb des Kartons wurden verschieden Muttertiere präsentiert, unter denen das Küken beim Heben des Kartons das gekennzeichnete Muttertier richtig erkennen sollte.

Ergebnisse:

Die Nachfolgereaktion ist angeboren, aber das Mutterbild muss erlernt werden = Objektprägung! (= Festlegung des auslösenden Reizes für eine Instinkthandlung)

optimale Prägungsphase zwischen der 13. und 16. Stunde (= sensible Phase)

Auf der Suche nach der passenden Mutter

 

  • obligatorisches Lernen: Nachfolgeprägung dient dem Familienzusammenhalt
  • Prägung ist irreversibel
  • Prägung ist ein sehr schneller und effektiver Vorgang
  • Das Nachfolgen ist in der Regel mit Erreichen der Geschlechtsreife beendet.

 

Nachfolgeprägung bei Schildkröten:

Aufgaben:

1. Warum werden geschlüpfte Küken nicht auf die eigenen Geschwister, die auch gerade schlüpfen geprägt?

2. Sexuelle Prägung im Detail

Jungtiere werden durch sexuelle Prägung auf das Aussehen und die Art ihrer späteren Sexualpartner geprägt.
=> Prägung auf arttypische Merkmale des Sexualpartners!

Es liegt oft eine lange Zeitspanne (zeitliche Diskrepanz) zwischen der sensiblen Phase und dem späteren Verhalten (Monate bis Jahre)!
=> die Prägung findet in einem Alter statt, in dem die Tiere noch keine sexuellen Handlungen vollziehen!

Sexuelle Prägung ist das Kennenlernen und Auswählen des Geschlechtspartners vor dem Auftreten sexuellen Verhaltens.

Sexuelle Prägung wirkt als Kreuzungsbarriere zwischen nahe verwandten Arten!

 

Bei Enten liegt eine besondere Situation vor. Während bei Weibchen das Bild des Geschlechtspartners angeboren ist, muss es bei den männlichen (Erpel) erst durch sexuelle Prägung erlernt werden.

Ein Grund dafür könnte darin liegen, da die Weibchen (= Objekt der Triebhandlung) arm an auslösenden Reizen (kein buntes Gefieder, stattdessen haben sie eine Tarntracht!) sind. Anhand des Mutterbildes muss das Männchen das Artbild erlernen!

 

Besonderheiten der sexuellen Prägung:

  • Die sensible Phase: 8.-10. Woche
    Balzbeginn: nach dem 5. Monat => zeitliche Diskrepanz zwischen Erwerb und Anwendung!

  • Es findet eine Generalisierung statt: Die Objektfixierung bezieht sich nicht nur auf ein bestimmtes Individuum, sondern auf die ganze Rasse oder Art!

  • Junge Stockentenerpel werden in der 6. - 8. Lebenswoche auf ihre entsprechenden Stockentenweibchen geprägt. Bei Weibchen erfolgt offenbar keine Prägung!

  • Fehlerprägungen sind hier aber möglich! So können z.B. homosexuelle Erpel entstehen!

  • Bei Krickenten werden beide Geschlechter geprägt!

  • Fehlprägungen finden auch bei Zebrafinken statt. Wird deren Ei z.B. wird von anderer Finkenart ausgebrütet, so balzen die zukünftig geschlechtsreifen Männchen aus diesem Gelege Finken der andere Art an.

  • Lorenz' Gänseküken, welche auf Menschen geprägt wurden, zeigten später ein völlig normales Balz- und Sexualverhalten => Prägungen der einzelnen Funktionskreise scheinen sich nicht zu beeinflussen.

  • Prägung auf Geschlechtspartner: bereits vor der Geschlechtsreife findet bei einigen Tierarten eine Prägung auf die arteigenen Geschlechtspartner statt. Dabei findet nicht die Prägung auf ein bestimmtes Tier statt, sondern generell auf das andere Geschlecht der eigenen Art! Dazu müssen die Jungtiere, innerhalb der sensiblen Phase, Kontakt zu entsprechenden Eltern der eigenen Art haben (Objektprägung auf Artmerkmale!). Diese Prägung bleibt lebenslang erhalten und findet vor der Geschlechtsreife statt und eine innere Bereitschaft zum Sexualverhalten ist zum Prägunszeitpunkt nicht erkennbar!

  • In einem Versuch wurden australischen Zebrafinken in Nester von japanischen Möwen gelegt und dann von diesen aufgezogen. Nach der Geschlechtsreife balzten die Zebrafinkenmännchen nur noch japanischen Möwenweibchen an (obwohl ja auch Zebrafinkenweibchen vorhanden waren!). Sind allerdings keine Möwen da gewesen, wurden auch Zebrafinkenweibchen angebalzt.

  • Manchmal wurde auch die Hand des Versuchsleiters angebalzt und damit den arteigenen Weibchen vorgezogen!

  • Es gibt verschiedene Entenarten. Forschungen zeigten, dass die Erpel einer Art, die jeweiligen Gefiederfarben der unterschiedlichen Entenarten erst erlernen müssen, um erfolgreich einen arteigenen Partner zur Balz zu finden. Generell tragen die Erpel aller Entenarten auffällige und farbige Gefieder. Die Weibchen hingegen sind unscheinbarer und tragen eher „Tarnfarnfarben“, so dass sie beim Brüten von potentiellen Fressfeinden schwerer erkannt werden.
    Versuche zeigen, dass
    a) Entenweibchen ihre passenden Geschlechtspartner auch dann sicher erkennen, wenn sie isoliert aufgewachsen sind. Daraus folgt, dass das Erkennen bei Weibchen angeboren sein muss.

    b) Erpel hingegen, welche isoliert aufgewachsen sind, balzen Weibchen mehrerer Arten an!
    Isoliert aufgezogene Entenweibchen erkennen aber den arteigenen Partner angeborenermaßen. Daraus folgt, dass sie die Artmerkmale erst erlernen müssen.

    c) Schmuggelt man die Eier einer Entenart in das Nest einer anderen Entenart und wird dieses Küken dann von artfremden Eltern aufgezogen, so balzen die später erwachsen Weibchen dennoch mit ihren arteigenen Partner, die Männchen hingegen mit den Enten der „Zieheltern“-Art.
    Man folgert daraus, dass das Bild des künftigen Sexualpartners durch das Mutterbild geprägt wird (lange bevor die Enten selbst geschlechtsreif sind!).
    Weitere Versuche zeigen, dass bei Enten die sensible Phase für sexuelle Prägung im Alter von 8-10 Wochen endet. Die Balz beginnt in der Regel nicht vor dem 4. - 5. Monat.

 

Prägung findet oft in den ersten Lebenswochen statt:

Zwischen neugeborenen Mäusen und ihrer Mutter entsteht eine prägungsähnliche Beziehung

Prägungsähnliche Vorgänge beim Menschen

a) Mutter-Kind-Bindung - Urvertrauen:

Der Mensch ist im Gegensatz zum Tier nicht für derartige Prägungen empfindlich! Allerdings ist z.B. die Ausbildung der Mutter-Kind-Beziehung ein Beispiel für einen prägungsähnlichen Vorgang.

Diese Art der Prägung kann nicht analog zur Nachfolgeprägung gesehen werden. Dafür ist das menschliche Verhalten zu komplex!
Da jedoch menschliche Säuglinge besonders auf Schutz und Betreuung angewiesen sind, ist eine feste Bindung zwischen Säugling und Mutter von Vorteil! Nur eine Mutter bietet dies ausreichend und vermittelt dem Säugling ein Gefühl der Geborgenheit. Auch kann die Mutter schon früh Entwicklungsreize geben, die der Kindesentwicklung dienlich sind.

=> Eine Bindung zwischen Mutter und Kind baut sich auf.

=> Die Mutter wird zur wichtigsten Bezugsperson.

 

Frühkindliches Kontaktbedürfnis => Schreiweinen, Lächeln + Kindchenschema => fester Kontakt zur Bezugsperson: entwickelt sich zwischen 2. und 18. Lebensmonat („Urvertrauen“)

Durch eine fehlende Mutter-Kind-Beziehung oder eine fehlende Bezugsperson können sowohl physische als auch psychische Entwicklungsstörungen entstehen (vgl. Hospitilatismus)

 

Die Mutter-Kind-Bindung verstärkt und fördert das Erkundungsverhalten und das Neugierverhalten des Kleinkindes, da es sich im Beisein der Mutter sicherer für „eigene Erkundungen“ fühlt (und immer einen sicheren Zufluchtsort hat). Dies ist die Basis, so vermutet man die gute Ausbildung späterer Sozialkontakte!

Ist hingegen in den ersten Monaten keine feste Bezugsperson für das Kind da, so führt dies oft im späteren Leben zu Problemen feste Beziehungen aufzubauen. Eine fehlende frühkindliche Bindung ist später nicht mehr zu ersetzen oder zu wiederholen, da die eigentliche sensible Phase in den er­sten Lebensmonaten besteht. Sie scheint übrigens nach dem achten Monat schon sehr fest zu sein, da Säuglinge ab dem achten Monat auf fremde Personen ängstlich reagieren („Achtmonatsangst").

=> Die feste Mutter-Kind-Bindung
- ist für die Bildung fester Sozialkontakte wichtig

- Ist für Neugier- und Erkundungsverhalten sehr wichtig

- stärkt das Selbstbewusstsein

- Basis für die Entwicklung des Urvertrauens

- ist also Voraussetzung für eine normale Verhaltensentwicklung

 

Auch diese Bindung ist, wie bei der Prägung bei Tieren, in der Regel fest und unveränderbar. Selbst schmerzliche oder traumatische Erfahrungen von Kindern mit ihren Eltern können sich von ihrer „Liebe zu Mutter“ in der Regel nicht lösen. Man weiß aus Beobachtungen vor Gericht, dass selbst von Eltern schwer misshandelte Kinder sich oft wünschen zu ihren Eltern zurückzukehren.

Urvertrauen - Urmisstrauen:

Ist keine Bezugsperson für das Kleinkind da, so bildet sich kein Urvertrauen zur Mutter aus. Psychologen nennen dies auch Urmisstrauen. Folgen können sein:

  • Unsicherheit bei vielen Dingen im eigenen Leben
  • Angst vor anderen Menschen
  • Störungen bei der Ausbildung menschlicher Beziehungen

Hospitalismus - Konsequenzen eines Aufwachsens ohne Bezugsperson

Hospitalismus ist die Bezeichnung eines Krankheitsbildes, das vor allem im letzten Jahrhundert bei Heimkindern beobachtet wurde, welche ohne feste Bezugsperson aufwachsen. Man versteht unter Hospitalismus die schweren seelischen Folgeerscheinungen eines langen Krankenhaus- oder Anstaltsaufenthalts bei Kindern. Man nennt dies auch Deprivationssyndrom - eine Verhaltensstörung, die durch den Entzug von sozialen Kontakten (besonders einer Bezugsperson) in einer frühen Lebensphase ausgelöst wird.

So konnte schon in den 30er Jahren der Psychologe R. SPITZ durch Verhaltensbeobachtungen und Untersuchungen in Gefängnissen beweisen, dass Kinder straffällig gewordener Mütter am besten aufwachsen, wenn sie nicht in ein Heim kommen, sondern im Gefängnis von der eigenen Mutter großgezogen werden.

Auch heute noch kann man an Kriminalstatistiken sehen, dass besonders straffällige Jugendliche sowie sehr schwer erziehbare Kinder oft:

  • von den eigenen Müttern vernachlässigt sind
  • sie als Kind oft harte körperliche Strafen zu ertragen hatten (teilweise ohne triftigen Grund)
  • sie in Familie ohne Zusammengehörigkeitsgefühl aufwuchsen


Kinder mit Hospitalismus zeigen besonders häufig folgende Verhaltensweisen:

  • Kontaktscheue, keine oder wenig Freunde
  • vermehrte Angst
  • Verhaltensstörungen
  • Sprachstörungen
  • Depressionen, Interesselosigkeit
  • geistige und körperliche Entwicklungsverzögerung
  • Unfähigkeit zu tieferen sozialen Beziehungen, Unfähigkeit zu Lieben
  • Helfen anderen nicht, lassen sich aber auch nicht helfen
  • Keine Schuldgefühle

 

Körperliche Symptome:

  • Weinerlichkeit
  • Verlangsamung der geistigen und körperlichen Entwicklung
  • Organschädigungen
  • Ernährungsstörungen
  • Bewegungsunruhe, stereotype Schaukelbewegungen

 

Untersuchung von Harlow an Rhesusaffen!

Ein kleines Äffchen wurde auf eine mutterähnliche Stoffattrappe geprägt. Wie vermutet, blieb das Äffchen lange Zeit bei dieser Attrappe. Selbst wenn die Annäherung des Äffchens an die Attrappe mit einem lauten Knall (also einer Abschreckung) verbunden war, fand die Annäherung statt.

=> Das Bedürfnis nach körperlichem Kontakt scheint sehr groß zu sein.

=> Das Bedürfnis nach Kontakt kann „nur“ von Stoffmutter befriedigt zu werden.

Man wiederholte diesen Versuch mehrfach und stellte fest, dass alle Rhesusaffen, welche so aufgewachsen waren, Spätfolgen zeigten!

 

Spätfolgen dieses Versuches waren:

- beträchtliche Verhaltensstörungen

- Artgenossen wurden nicht beachtet

- eine Paarung kam nie zustande

- keine Verteidigung bei Angriffen

- wurden diese gestörten Rhesusaffen dennoch künstlich befruchtet, so entpuppten sie sich als „Rabenmütter“. Dem Nachwuchs wurden Finger und Zehen abgebissen, er wurde geschlagen und ohne Eingreifen der Wärter vermutlich getötet.

=> Eine echte Mutterbindung ist offensichtlich zur späteren Ausbildung eines normalen sozialen Verhaltens sehr wichtig.

 

Grenze von Prägungsversuchen

Wenn Tiere von Biologen auf andere als die ursprünglichen Dinge geprägt werden, z.B. Küken auf den Menschen, dann läuft diese Prägung nicht immer genauso gut wie die natürliche ab. Gänse lassen sich leicht auf Menschen prägen, Enten hingegen nur, wenn man den Ruf der Mutter imitiert und nicht zu groß ist.

Viele Tiere lassen sich fehlprägen, meist läuft die Prägung jedoch besser ab, wenn die vorgesehenen natürliche Reizen vorliegen.

 

=> Vermutlich gibt es eine besondere Lerndisposition für arteigene Merkmale, welche die Prägung auf artfremde Objekte erschwert oder gar verhindert.

 

Prägungsähnliche Lernvorgänge

a) Fixierung

Die Fixierung ist ein prägungsähnlicher Vorgang beim Menschen. Es findet bei diesem nicht so fest definiertem Vorgang eine Bindung zu Objekten oder Personen statt. Dieser Vorgang ist im Gegensatz zur echten Prägung meist durch psychologische Therapien reversibel.

Konrad Lorenz beobachtete bei Vögeln verschiedenes zur Fixierung:
Nachfolgeprägung findet vor allem bei Vögeln statt, die früh das Nestverlassen (Nestflüchtern). Sie ist für diese Vögel lebensnotwendig. Bei Nesthockern hingegen (zu denen auch der Mensch zählt!) finden nach Lorenz eher prägungsähnliche Lernvorgänge statt, welche Lorenz „Fixierungen“ nannte.

 

b) Menschliche Neugierphase (nach Sigmund Freud: „ödipalen Phase“:

  • Erkundung der eigenen und anderen Geschlechtlichkeit
  • Hinwendung zum andersgeschlechtlichen Elternteil

=> möglicherweise werden so Grundzüge eines späteren Partnerbildes „geprägt“.

 

Beispiel:

Inzesttabu bei Menschen: Das Inzesttabu (bzw. ein sexuelles Desintresse) liegt auch oft vor, wenn Kinder verschiedener Eltern gemeinsam mit anderen Kindern aufgewachsen sind (Geschwister, Kibbuzkinder, Heimkinder usw...).

 

Behaviorismus: Von Iwan Pawlow zu B. Frederic Skinner

Ivan Petrowitsch Pawlow:

- geboren: 26. September 1849

- gestorben: 27. Februar 1936

- russischer Mediziner und Physiologe

- erhielt den Nobelpreis in Medizin für seine Arbeiten über Verdauungsdrüsen

- erarbeitete weiterhin wichtige Grundlagen für die Verhaltensforschung und Lerntheorien

 

Versuch von Pawlow:

Der russische Physiologe und Tierforscher Iwan Pawlow (1849-1936, Nobelpreis 1904) stellte fest, dass Hunde beim Anblick von Wurst oder Fleisch Speichel absondern. Den Hunden lief sprichwörtlich das Wasser im Munde zusammen.

Er definierte den Speichelfluss als unbedingten Reflex, und den auslösenden Reiz (Anblick und Geruch von Fleisch) einen unbedingten Reiz!

 

Dies veranlasste ihn nun zu drei Experimenten:

1. Ertönte beim Anblick des Fleisches (oder kurz davor) immer eine Glocke, floss der Speichel des Hundes daraufhin auch (nach mehrmaliger Wiederholung), wenn nur die Glocke, ohne sichtbaren Braten, ertönte. Er definierte den Glockenton als bedingten Reiz.
Wichtig bei diesem Versuch war einerseits die enge zeitliche Aufeinanderfolge von Glockenklang und Originalreiz und die mehrfache Wiederholung.
=> Zur Konditionierung muss der bedingte Reiz kurz vor oder mit dem unbedingten Reiz geboten werden.

2. Ist ein Hund auf diese Art und Weise auf einen Glockenklang konditioniert, so wird seine Reaktion darauf immer schwächer, je öfter diese Reaktion ausgelöst wird, wenn KEIN unbedingter Reiz mehr gleichzeitig kommt (also es kein Fleisch mehr gibt). Dies nannte Pawlow Extinktion (Auslöschen) des bedingten Reflexes.

3. Wurde jungen Hunden, welche noch nie ein Stück Fleisch gesehen hatten, Fleisch gezeigt, floss kein Speichel. Erst nach mehrmaligem Verzehr trat der Speichelfluss auf.

Da Speichelfluss ein Reflex ist, folgerte Pawlow aus seinen Konditionierungsexperimenten, dass Reflexe auch durch neutrale Reize ausgelöst werden können, also von den gelernten Erfahrungen des Tieres abhängig sind!

Der instinktive, unbedingte Reflex (z.B. Speichelfluss bei der Fütterung) wurde dabei von einem Reiz (Futter) ausgelöst, welcher nun mit einem neutralen Reiz (der Klingel) kombiniert wurde (Klingel). Die Reaktion ist der bedingte Reflex (Speichelfluss bei Klingeln).

Das Erlernen dieser Erfahrungen nannte er Konditionierung. Solche konditionierbaren Reflexe nannte er bedingte Reflexe.

 

Anmerkung:

Die Speichelflussreaktion ist kein reiner Reflex, da die Reaktion vom Sättigungsgrad des Tieres abhängig ist. Es liegt vermutlich eher ein Appetenzverhalten (bedingte Appetenz) vor.
Aus historischen Gründen wird der Begriff für Pawlows Experimente oft beibehalten.

 

Folgen der Pawlow'schen Versuche:

Pawlow folgerte nun daraus, dass sich angeborene Verhaltensweisen nur dann wissenschaftlich untersuchen lassen, wenn sie objektiv überprüfbar sind. Instinkte rechnete er hingegen zu den nicht überprüfbaren, so dass er diese bei seinen Forschungen außen vor ließ. Er nannte Instinkte konsequenterweise verzichtbar, gar überflüssig.

Alle Verhaltensweisen, die er bei seinen Versuchstieren beobachtete, definierte er als eine Folge von Verhalten (=Reflexkette) auf die dem Tier angebotenen (bedingten) Reize.

Darauf beruhend - und dem Leitgedanken der Amerikaner des 19. und 20. Jahrhunderts, dass alles möglich sei, wenn man es nur wolle (der berühmte amerikanische Traum - vom Tellerwäscher zum Millionär) - formulierte 1913 der Psychologe Edward Thorndike (1874 - 1949) das Gesetz des Erfolges: „Eine Handlung wird v.a. dann wiederholt, wenn der sie begleitende Umstand für das Individuum zufriedenstellend ist“.

Der offensichtliche Schwachpunkt dieses Schrittes war das Gleichsetzten der Pawlow‘schen Versuchsergebnisse, gewonnen an Hunden mit dem menschlichen Verstand.

 

Versuche von Watson

Der Biologe Watson (1878 - 1958) übertrug nun Pawlows Ergebnisse auf die Psychologie des Menschen, insbesondere auf die Kleinkindforschung. Er vertrat dadurch die Auffassung, das der Mensch das Produkt seiner Erziehung, also letztlich seiner Umwelt ist. Mit der richtigen Erziehung, den richtigen Eltern, Freunden und Impulsen könne nach ihm jedes Kind ein Genie, Spezialist oder sogar ein Bettler werden.
Watson nannte von nun an diesen Teil der biologischen Wissenschaft, der sich mit dem Verhalten beschäftigte Behaviorismus.

Zusatzinformationen:

 

Einfache Lernformen II: Klassische Konditionierung (Behaviorismus)

Konditionierung bei höheren Tieren und Menschen

Man kann im Grunde vier Formen der klassischen Konditionierung unterscheiden. Pawlow verwendete vor allem die erste. Aber im Laufe der Zeit entdeckten Verhaltensforscher weitere, die mehr oder weniger der klassischen Konditionierung zugeordnet wurden:

1) Bedingter Reflex (Pawlow)

2) Bedingte Appetenz

3) Bedingte Aversion

4) Gegenkonditionierung

 

Bedingter Reflex (Pawlow)

Pawlow hat Konditionierungsversuche durchgeführt. Die Konditionierung ist ein Lernvorgang, bei dem ein ursprünglich neutraler Reiz zum Auslöser (!) eines Verhaltens wird. Das heißt, die Bedeutung eines Reizes wird erlernt!

Einfach gesagt: Wird ein ursprünglich neutraler Reiz, der gleichzeitig mit dem unbedingten Reiz für ein Verhalten auftritt, auch zu einem bedingten Reiz, so kann er ebenfalls das betreffende Verhalten auslösen. Diese Art der Konditionierung ist biologisch recht sinnvoll, da der Reflex, welche so ausgelöst werden u.U. sehr schnelle Reaktionen zur Gefahrenabwehr hervorrufen können.

 

Beispiel: Der Lidschlussreflex wird durch einen Luftstrom am Auge ausgelöst. Durch Konditionierung kann dies zu einem bedingten Reflex werden, indem gleichzeitig zum Luftstrom ein Geräusch ausgelöst wird.

Entstehung: Ein Geräusch (ein zunächst neutraler Reiz) wird gleichzeitig mit einem Luftstrom (=unbedingten Reiz) zu einem bedingten Reiz, welcher dann allein den Lidschluss auslöst. (=> bedingter Reflex).

Entscheidend: zeitliches Miteinander der beiden Reize (=Kontiguität)

Einschränkung: nicht bei allen angeborenen Reflexen möglich

 

Definitionen „Klassische Konditionierung“:

Neutraler Reiz: Reiz, der keinen Reflex auslöst.

Unbedingter Reiz: Reiz, welcher natürlicherweise einen Reflex auslöst.

Bedingter Reiz: nun durch Konditionierung gelernter Reiz, der mit einem Reflex verknüpft wurde.

Unbedingter Reflex: Reflex, welcher durch einen natürlichen Reiz ausgelöst wird.

Bedingter Reflex: Reflex, welcher durch einen bedingten Reiz ausgelöst wird. Dabei findet vorher die die Verknüpfung eines unbedingten Reizes mit einem (neuen) bedingtem Reiz statt.

=> unbedingter Reflex + unbedingter Reiz + neutraler Reiz = bedingter Reflex

Kontiguität: Aufeinanderfolge oder Gleichzeitigkeit von neutralem Reiz und bedingtem Reiz

Extinktion: Auslöschung eines bedingten Reflexes durch wiederholte Gabe des bedingten Reizes ohne unbedingten Reiz!

Beispiele für bedingte Reflexe:

  • Wird ein Gegenstand schnell an die Augen einer Versuchsperson genähert, so schließt diese kurz die Augen. Es liegt der so genannte Lidschlussreflex vor.
  • Läutet man gleichzeitig dabei mit einer Glocke und wiederholt dies mehrfach, so wird nach kurzer Zeit die Versuchsperson auch beim alleinigen ertönen der Glocke die Augen schließen.
  • Das Fallen der Bomben im Zweiten Weltkrieg hat bei den Menschen Angst und Schrecken ausgelöst. Die Fliegerangriffe wurden durch Sirenen (Fliegeralarm) angekündigt. Auch während der Bombardierungen waren die Sirenen teilweise zu hören.
  • Bei vielen Menschen fand schon nach dem zweiten Luftangriff und dem Ertönen des Fliegeralarms selbst die Konditionierung statt. Das bloße Erklingen des Alarms versetzte sie in Angst! Selbst Jahre nach dem Krieg lösten Probealarme und Alarmübungen bei zahlreichen Menschen noch Angst aus.
  • Berührt man mit einem feinen Draht oder einem Finger den Fuß eines Frosches, so zieht dieser den Fuß schnell zurück. Kombiniert man dies mit einer Berührung des Rumpfes, so entsteht ein bedingter Reflex, welcher nach kurzer Zeit auch zum Wegziehen des Fußes führt, auch wenn der Fuß nicht berührt wurde

 

Lernen aus guter oder schlechter Erfahrung I: Bedingte Appetenz und bedingte Aversion

Zur rein klassischen Konditionierung bei Tieren kann man eine vergleichbare Lernform bei Menschen wiederfinden. Sie funktioniert auch bei einigen Tieren und ist durch die Aktion des Handelnden gekennzeichnet. Man spricht auch von Appetenzverhalten.

1) Bedingte Appetenz

Bedingte Appetenz kann mit „Lernen aus guter Erfahrung“ beschrieben werden. Eine angenehm erlebten Reizsituation wird erneut „aufgesucht“, indem ein ähnliches oder gleiches Verhalten stattfindet!
Dies funktioniert besonders dann, wenn durch eine bestimmte Reizsituation ein- oder mehrmals eine Befriedigung eines Triebs erfolgt (z.B. durch Gabe von Futter!).
Das Tier wird daraufhin diese Reizsituation erneut aufsuchen. Dies gilt insbesondere dann, wenn für den Trieb eine hohe Handlungsbereitschaft vorliegt.

Das Appetenzverhalten für Mensch und Tier ist also an einen „erfolgversprechenden“ Reiz gekoppelt
=> bedingte Appetenz!

Neben der Appetenzbefriedigung hat auch die Handlungsbereitschaft Einfluss auf das Appetenzverhalten => doppelte Quantifizierung.

Beispiel: Heute wird die Speichelflussreaktion des Pawlow'schen Hundes eher als Beispiel für bedingte Appetenz gesehen (und nicht als bedingter Reflex), da die Speichelflussreaktion von der Handlungsbereitschaft (dem Hunger des Hundes) abhängig ist und da die Glocke auch andere Reaktionen auslöst (z.B Schwanzwedeln, Bellen. usw.)

 

Man spricht von einer bedingten Appetenz, da

  • eine innere Handlungsbereitschaft erforderlich ist
  • das Verhalten von einer (positiven) Belohnung abhängig ist, welche eine Befriedigung eines Bedürfnisses/ Triebs darstellt.
  • Der Reiz vielfältige Verhaltensweisen auslösen kann (Speichelfluss, Bellen, Schwanzwedeln usw.).
  • Extinktion auch hier möglich ist, wenn das Erfolgserlebnis mehrfach nicht mehr mit dem bedingten Appetenzverhalten ausgelöst wird, verliert der bedingte Reiz seine Wirkung.

=> Lernen aus guter Erfahrung, bei Menschen auch Lernen durch positive Verstärkung genannt.

z.B. Menschen kaufen sich ein Geschenk, wenn sie eine schwere Aufgabe gemeistert haben („das habe ich mir jetzt verdient!“), Kinder werden durch Lob und Geschenke erzogen, Tiere werden so dressiert und erzogen (Leckerli beim Hund), usw.

 

Definitionen:

  • Ungerichtetes (= unbedingten) Appetenzverhalten: Natürliches Appetenzverhalten, welches durch einen unbedingten Reiz ausgelöst wird. Es ist nicht zielgerichtet.
  • Bedingtes Appetenzverhalten: Appetenzverhalten wird mit einem neutralen Reiz neu verknüpft. Es ist zielgerichtet. (neutraler Reiz + Appetenzverhalten = bedingte Appetenz)
  • Bedingter Reiz: Entsteht das bedingte Appetenzverhalten wie oben beschrieben, so wurde ein neutraler Reiz in einen bedingten Reiz umgewandelt.

 

Beispiele für bedingte Appetenz:

  • In einem großem Aquarium werden Fische immer an der gleichen Stelle gefüttert. Neue Fische suchen bei Hunger im ganzen Aquarium nach Nahrung, nach einiger Zeit aber nur an den Stellen, an denen sie zuvor gefüttert wurden.
  • Bienen fliegen erneut die Blütenart an, auf der sie bereits Nektar gefunden haben (Blütenstetigkeit!)
  • Einer Laborratte, welche in der Mitte eines Labyrinths wartet, werden an den beiden Ausgängen Futter oder Wasser hingestellt. Je nach Handlungsbereitschaft (Durst oder Hunger) ging die Ratte, nachdem sie die Wege gelernt hatte, zur entsprechenden Quelle.
  • Zwergwelse können auf Tonsignale dressiert werden, wenn dieses mit der Fütterung erklingt.

 

3) Bedingte Aversion

Das „Lernen aus schlechter oder negativer Erfahrung“ oder das Lernen durch Strafe beruhen auf dem Vermeiden einer unangenehm erlebten Reizsituation bzw. deren Konsequenzen. Wird eine Reizsituation mehrfach (manchmal reicht schon einmal!) mit abschreckenden Erfahrungen/ Strafen/ Schreck usw. verknüpft, so wird diese Reizsituation in Zukunft gemieden. Es liegt das Gegenteil der bedingten Appetenz vor! Man spricht auch von einem Meide- oder Abwehr- oder Vermeidungsverhalten.

Beim Menschen wird besonders in autoritären Systemen wie der Armee, Studentenverbindungen, aber auch in Diktaturen so durch Strafe und deren Androhung erzogen.

Bedingter Reiz + ungerichtetes Appetenzverhalten = bedingte Aversion

 

Anwendung: Autoritäre Erziehung, Tierdressur (Tanzbären bekommen Stromschläge von Metallplatten am Boden, so dass sie die Füße bewegen. Gleichzeitig erklingt Musik, sodass die Bären beides miteinander verknüpfen.

Einschränkung: Extinktion ist möglich (aber sie geht oft langsamer vonstatten als die der bedingten Appetenz!)

 

Beispiele für bedingte Aversion

  • Scheuen eines Pferdes an einer bestimmten Wegstelle, durch ein vorherige schlechte Erfahrungen.
  • Angst von Kindern vor Ärzten in weißen Kitteln, ausgelöst evtl. durch eine unangenehme Erfahrung (Spritze, Zahnarzt usw.).
  • Tierphobien (Hunde), ausgelöst durch schlechte Erfahrungen
  • Angst vor dem Zahnarzt: Alleine der Anblick des Arztes, der Praxis, der Instrumente oder der Geruch können bereits Schweißausbrüche und Angst auslösen.
  • Ratten meiden normalerweise den beleuchteten Teil eines Käfigs und bevorzugen die dunkleren Verstecke. Gibt man einer Ratte in einem Käfig aber im dunklen Bereich leichte Stromschläge (z.B. durch eine Metallplatte unter den Füßen), so wird die Ratte diesen Teil des Käfigs meiden und sich im Licht aufhalten.
  • Einseitiges Kauen bei Menschen bei Zahnschmerzen an einem Backenzahn

 

4) Gegenkonditionierung:

Durch Gegenkonditionierung wird ein bedingter Reiz unwirksam gemacht. Dazu wird der bedingte Reiz mit einem neuen Reflex verknüpft, der eine zum ersten bedingten Reflex entgegengerichtete Reaktion auslöst.

=> wenn der ursprüngliche bedingten Reflex aversiv ist, dann ist der neue bedingten Reflex appetitiv!

 

Beispiele für Gegenkonditionierung:

Einer Ratte wurde immer dann ein Stromschlag versetzt, wenn sie in den dunklen Teil des Käfigs ging. Nach einer Weile hat sie gelernt diesen Teil des Käfigs zu meiden und im beleuchteten Teil zu bleiben.
Nun legt man ein Stück Futter in den dunklen Teil des Käfigs und wartet, bis die Ratte das Futter frisst und damit in den dunklen Teil des Käfigs geht.

Durch die Gegenkonditionierung begibt sich die Ratte wieder in dunklen Bereich, da es dort Futter gibt.

Die bedingte Aversion wurde gelöst. (Extinktion)

 

Zusatzinformationen:

http://de.wikipedia.org/wiki/Klassische_Konditionierung

 

Neobehaviorismus:

20 Jahre nach Pawlow führte der Amerikaner Burrhus Frederic Skinnner (1894-1990) weitergehende Laborforschungen (wieder an Tieren) durch. Ihn beschäftigte v.a. die Frage, ob Lernen nun durch Einsicht oder durch Versuch und Irrtum stattfindet.

Seine Tiere mussten in Käfigen Aufgaben lösen, was im Falle einer erfolgreichen Lösung mit Futter belohnt wurde. Er bestätigte damit auch Thorndikes Gesetz, da die Belohnung das problemlösende Verhalten der Tiere verstärkt. Skinner nannte seine Methode operante Konditionierung.

Im Unterschied zu Pawlow zeigte Skinner aber, dass das Verhalten eines Tieres nicht immer nur auf einen bestimmten Reiz hin ausgelöst wurde, sondern auch spontan auftreten kann. So entstanden manche Problemlösungen durch zufälliges Verhalten, aber auch genau diese nicht ausgelösten Verhaltensweisen ließen sich operant verstärken (Verhalten als Ergebnis des Lernens am Erfolg).

Die Erziehung und Dressur von Tieren wird heute noch so durchgeführt, wobei es Skinner natürlich nicht um das Antrainieren von Kunststücken ging. Er war mehr an den wissenschaftlichen Hintergründen interessiert.

Skinner folgerte, dass wenn das Verhalten von Tieren nicht durch Instinkte, sondern durch Lernen am Erfolg ausgelöst ist, dies auch für Menschen gelten müsse.

Seine Vermutungen begründeten sich auf die Ergebnisse, welche der russische Biologe Iwan Pawlow (1848-1936) ca. 20 Jahre vorher anhand seiner Konditionierungsexperimente machte.

 

 

Einfache Lernformen III: Instrumentelle (=operante) Konditionierung (Behaviorismus)

Definiert von Burrhus F. Skinner entdeckte eine neue Art der Konditionierung als Lernmethode:

Skinners Experimente hatten einen standardisierten Versuchsaufbau. Er verwendete die so genannte Skinnerbox, welche eine sonst reizarme Umgebung darstellte. Es handelte sich dabei in der Regel um speziell präparierte Käfige aus Metall oder Plexiglas.
Er experimentierte vor allem mit Ratten und Tauben! Ziel war für ihn eine Reiz-Reaktions-Verknüpfung!

 

Skinners Versuchsaufbau:

Eine (hungrige) Ratte wird in die so genannte Skinnerbox gesetzt. In dieser Box finden die Verhaltensversuche statt. In dieser Skinnerbox ist ein Hebel, der, wenn er mit der Pfote bewegt wird, die Freigabe einer Nuss oder eines Getreidekorns bewirkt.

Zuerst beginnt sich die Ratte zu orientieren und beginnt mit einer Futtersuche.

Drückt die Ratte zufällig den Hebel, fällt ein Korn aus dem Futterlager in die Fressschale.

 

Je öfter die Ratte diesen Vorgang wiederholt, desto kürzer wurden die Zeitabstände
=> Ein Lernerfolg hatte sich eingestellt!
=> Die Futterbelohnung stellt eine positive Erfahrung dar => Verstärkung, reinforcement

=> Lernen am Erfolg!

Die Skinnerbox ist eine vom Behavioristen B.F. Skinner entwickelte Versuchsanordnung in einem Käfig, welche zur operanten Konditionierung von Versuchstieren genutzt wird.

 

Lernprogrammversuch nach Skinner:

Für komplexe Handlungsabfolgen müssen diese zuerst in einem Lernprogramm in Teilschritte zerlegt werden.

Ziel: Einer Ratte soll eine bestimmte Handlungsabfolge beigebracht werden: nach dem Drücken eines Hebels (Ebene 1), soll sie über eine Treppe (Treppensteigen ist für freilebende Ratten untypisch) zu Ebene 2 gelangen und dort zu einer Röhre gehen, durch diese hindurchgehen (vor engen Röhren schrecken Ratten meist zurück!) und am Ende der Röhre dann das Futter in einer Schale vorfinden (vor der Röhre ist das Futter jedoch nicht zu sehen!).

Beobachtungen: Die Ratte drückt zuerst zufällig den Hebel. Gleichzeitig fällt Futter hörbar in die Schale.

Die Treppe wird jedoch nicht erklommen.
Hebt der Versuchsleiter die Ratte jedoch nun auf die Ebene2 hinter die Röhre, dann wird die Ratte beim erneuten Versuchsdurchgang die Treppe erklimmen, jedoch nicht die Röhre durchqueren.

Legt man nun Getreidekörner in die Röhre, so durchquert die Ratte auch die Röhre.

Beim dritten Ablauf des Versuches kann die Ratte alle drei Schritte nacheinander vollführen.

Die komplexe Handlungsabfolge ist gelernt.

Skinner folgerte daraus für menschliches Lernen:
Umfangreiche oder komplexe Inhalte müssen in mehrere Abschnitte unterteilt werden. Wiederholungen nach den Abschnitten durch Kontrollfragen vertiefen den Lernerfolg.

Sind die Untereinheiten immer noch zu umfangreich, kann nicht weitergelernt werden.

 

Daraus leitete Skinner folgendes ab:

Definition: Unter operanter Konditionierung versteht man den Lernvorgang, bei dem eine bestimmte Verhaltensweise durch eine bestimmte vorherige (zufällige) Bewegung (oder Handlung) „anerzogen“ oder „aberzogen“ wird. Dazu werden oft so genannte Skinner-Boxen verwendet (spezielle Käfige, in denen das Tier lernt).

=> operante Konditionierung ist eine Lernform, bei der eine zufällige Handlung eine nachfolgende Verstärkung bewirkt.

=> Eine Handlung ist mit einer Befriedigung der Handlungsbereitschaft verknüpft.

 

Voraussetzung

  • Die Bewegung muss zunächst erst einmal spontan auftreten
  • Dieser spontanen Bewegung muss unmittelbar eine Belohnung oder Strafe folgen.
  • Das Tier (Mensch) muss eine entsprechende Handlungsbereitschaft für die Belohnung haben.

 

Unterschiede klassische und operante Konditionierung:

Klassische Konditionierung

Operante (instrumentelle) Konditionierung

Ein bereits vorhandener (unbedingter) Reflex wird mit einem anderen Reiz verknüpft.

Eine zufällig auftretende Handlung wird durch einen Reiz verstärkt. Die Handlung ist in der Regel kein Reflex!

Das Tier ist dabei im Grunde passiv

Das erste Auftreten der gewünschten Handlung findet zufällig statt, dazu ist ein Neugierverhalten und meist ein Erkunden der Umgebung notwendig (aktiv!)

Bedingte Appetenz / bedingte Aversion

Bedingte Aktion / bedingte Hemmung

 

Lernen aus guter oder schlechter Erfahrung II: Bedingte Aktion und bedingte Hemmung

Zur operanten Konditionierung gehört ebenfalls ein Appetenzverhalten, was sich mit „Lernen aus guter oder schlechter Erfahrung“ übersetzen lässt. Merkmal ist die Reaktion des Handelnden.

Man unterscheidet zwei Typen:

1) Bedingte Aktion (Lernen aus guter Erfahrung)

Das Ausführen von Bewegungen oder Verhaltensweisen wird positiv verknüpft, indem die bedingte Aktion mit einer Verhaltensweise oder Bewegung in Verbindung gebracht wird, welche mit der Befriedigung eines Bedürfnisses einhergeht (z.B. Futtergabe bei hungrigen Versuchstieren).

Die bedingte Aktion wird dabei in der Regel durch innere Ursachen spontan ausgelöst (im Gegensatz zu einer Reaktion)!

Bedingte Appetenz und bedingte Aktion sind hier miteinander verknüpft (wie oft auch in natürlichen Lernsituationen!). Man bezeichnet diese Art der Konditionierung auch als Lernen am Erfolg!

 

Beispiele:

1. Erlernen von „Pfötchengeben“ oder „Männchenmachen“ eines Hundes, wenn im Anschluss eine Belohnung erfolgt.

2. In Skinner-Boxen:

  • hungrige Tauben, die auf eine bestimmte farbige Scheiben picken und dann eine Belohnung erhalten.
  • hungrige Ratten, die auf einen Hebel drücken und dann eine Belohnung erhalten.

3. Seelöwenfütterung im Zoo: Die Seelöwen sehen den Wärter, eilen auf ihn zu und machen „Kunststücke“, anschließend werden sie mit Futter belohnt.

 

2) Bedingte Hemmung (Lernen aus schlechter Erfahrung, durch Strafe)

Hier findet ein Vermeiden von Bewegungen oder Verhaltensweisen statt, weil das Tier gelernt hat, dass seine Aktion mit negativen Erlebnissen verknüpft ist! Man spricht auch von einem aversiven (für das Tier als unangenehm empfundenen) Reiz.

Dazu wird dem Tier ein- oder mehrmals eine schlechte Erfahrung wie Schmerz oder Schreck zugefügt, wenn es eine vorherige Aktion beging. Das Tier wird schnell lernen, die auslösende Aktion in Zukunft seltener oder gar nicht mehr auszuüben.

 

Beispiele:

1. Zerren eines Hundes an der Leine führt zu einem Klapps auf den Hundehintern

2. Die Bodenplatte einer Skinner-Box wird unter Strom gesetzt und gibt der Versuchsratte in regelmäßigen Abständen kleine Elektroschocks. Die Ratte entdeckt einen Hebel, welcher bei Betätigung den Strom abstellt => Das Tier wird sehr schnell den Zusammenhang erlernen.

Bei beiden Arten der operanten Konditionierung kann eine Extinktion stattfinden. Bei der bedingten Hemmung sogar schneller! Denn, wenn nach Ausführung der entsprechenden Verhaltensweise mehrmals hintereinander die Belohnung oder Bestrafung fehlt, so unterbleibt auch schnell die entsprechende positive Verhaltensweise (bzw. die negative wird wieder ausgeführt)!

 

Definition Verstärkung: Reaktion des Erziehers, bei der er Anreize gibt, welche die Wahrscheinlichkeit des Auftretens einer Reaktion erhöhen (positive Verstärkung) oder verringern (negative Verstärkung).

Kontinuierliche Verstärkung: Die erwünschte, zu lernende Verhaltensweise wird jedes Mal belohnt.

Intermitierende Verstärkung: Die erwünschte, zu lernende Verhaltensweise wird nicht jedes Mal, sondern vielmehr in größeren und unregelmäßigen Abständen belohnt.

=> Extinktion verläuft wesentlich langsamer als ohne Verstärkung

In der Tierdressur werden beide Verstärkungen kombiniert!

 

Bedeutung für den Menschen:

Die operante Konditionierung sowie positive und negative Verstärkung spielen für die Erziehung, vor allem von Kindern, eine große Rolle. Loben und positive Erfahrungen haben sich dabei als wesentlich wirksamer erwiesen als Strafen. Verstärkend wirken Lob, Handlungserfolge (Selbstverstärkung z.B. bei Computerspielen), Bestätigung, Belohnung usw.

Dennoch wird gerade in autoritären Systemen (Kinderheime, Gefängnisse, Diktaturen usw.) eher mit Strafen (und somit mit bedingten Hemmungen) erzogen. Methoden sind dabei u.a. Tadel, Bestrafung, körperliche Züchtigung.

Im eigenen Leben kann auch negative Selbstverstärkung auftreten. Sie kann ausgelöst werden durch Misserfolge. Ein negatives Selbstbild kann sich weiter verstärken („das schaffe ich doch nicht“), wenn mit solch einer Einstellung deine Handlung tatsächlich nicht zum Erfolg führt und einfach schiefläuft.

Der österreichische Verhaltensforscher Eibl-Eibesfeldt beschreibt in seinen Büchern, dass sich seine Studenten in Vorlesungen einen Scherz erlaubten, indem sie ihn auch mal konditionierten:

Eibl-Eibesfeldt hatte wohl die Angewohnheit in Vorlesungen hin und wieder einen Fuß auf einen Stuhl zu stellen. Wann immer er dieses Verhalten zeigte, hörten die Studenten interessierter zu und die Studentinnen schoben sogar ihre Röcke über das Knie. Nahm Eibl-Eibesfeldt den Fuß vom Stuhl, zeigten die Studenten weniger Interesse und die Röcke wanderten wieder übers Knie ;-). Wie ihm die Studenten später bestätigten, stellte er immer häufiger während der Vorlesung das Bein auf den Stuhl. Einmal stand er wohl auch ganz auf dem Stuhl!

=> Die Studenten hatten ihren Professor konditioniert, indem sie eine bestimmte Verhaltensweise konsequent verstärkten.

 

Grundregeln der operanten Konditionierung:

  • Positive Verstärkung von Verhalten ist für den Erzieher leichter als negatives Strafen (für das Tier oder das Kind sowieso ;-) )
  • Belohnung führt nicht nur zum Erlernen neuer Verhaltensweisen, sondern steigert auch die Lernbereitschaft, die Lerngeschwindigkeit und die gesamte Lernleistung!
  • Das abrupte Ausbleiben einer vorherigen kontinuierlichen (und lang andauernden) Verstärkung kann bei Kindern gelegentlich frustrierend wirken.
  • Schlechte Erfahrungen und Strafen wirken nur dann, wenn sie sofort (zeitnah) erfolgen.
  • Die Härte der Strafe hat dabei eine untergeordnete Bedeutung!
  • Nachträgliche Strafen sind oft wirkungslos! (so schrecken selbst weitere Gefängnisstrafen bereits Straffällige kaum ab, obwohl sie wissen, was sie erwartet!)
    => einen streunenden Hund braucht man im Grunde nicht nachträglich für sein „entfliehen“ bestrafen!
  • Körperliche Strafen verfehlen oft ihre eigentlich beabsichtigte Wirkung! Vor allem, wenn sie zu oft eingesetzt werden.
    => Strafandrohung ist nur dann als Erziehungsmittel wirksam, wenn sie selten benutzt wird!

Vergleiche bedingte Aversion und bedingte Hemmung

Die bedingte Aversion ist ein Vorgang der klassischen Konditionierung, im Grunde ist es eine reizbedingte Konditionierung. Der bedingten Hemmung hingegen liegt operantes Lernen zugrunde, damit ist diese Hemmung also eine verhaltensbedingte.

Bedingte Aversion:

Eine Erdkröte fängt eine Wespe, verschluckt sie und wird dabei gestochen. Die Kröte wird in Zukunft schwarz-gelb gefärbte Insekten meiden! Hier wird also der Reiz gelernt (schwarz-gelbes Insekt)!

Bedingte Hemmung:

Der Hund zerrt an der Leine beim Gassi gehen und bekommt einen Klapps. Der Hund wird dieses Verhalten (im Idealfall, je nach Sturheitsgrad) in Zukunft unterlassen. Der Hund hat also ein neues Verhalten gelernt.

 

Skinners Schlussfolgerungen und „Erfolge“:

Skinner folgerte, dass jedes gewünschte Verhalten durch positive Verstärkung konditioniert / gelernt werden kann. Dies gilt heute noch als uneingeschränkte Grundlage bei der Tierdressur - ist bei Menschen allerdings nur mit Einschränkungen richtig!

Durch Dressur konnte bei Tieren zum Teil erstaunliches andressiert werden:

  • in Amerika haben konditionierte Tauben am Fließband fehlerhafte Pillen eines Pharmakonzerns aussortiert. (Trefferquote 99%!)
  • Skinner selbst konditionierte Tauben im 2. Weltkrieg Abwehrraketen zielgenau auf feindliche Schiffe zu lenken
  • Delfine wurden in Amerika von der Marine konditioniert, Torpedos auf feindliche Schiffe zu lenken.

 


Mäuse können leicht konditioniert werden.

 

Von der instrumentellen Konditionierung zum operanten Lernen

a) Lernen aus Erfahrung

„Lernen aus Erfahrung“ ist ein Sammelbegriff für die folgenden Lernarten:

  • Bedingte Appetenz
  • Bedingte Aktion
  • Bedingte Aversion
  • Bedingte Hemmung
  • sowie Kombinationen aus diesen Lernformen

 

b) Lernen am Erfolg:

Hier liegt im Grunde eine Kombination aus bedingter Appetenz und bedingter Aktion vor. Eine Maus lernt, dass das Berühren eines Schalters in der Skinnerbox nur dann Futter gibt, wenn gleichzeitig eine Lampe leuchtet.

Durch das zufällige Ausprobieren werden operanten Lernformen erworben

c) Differenzdressur

d) Frustration

Frustration erleichtert die Extinktion!

e) Motorisches Lernen

Wenn eine Bewegung neu erlernt wird und immer wieder ausgeführt wird, dann wird sie schneller und leichter gelingen, je häufiger man sie ausführt. Nach einiger Zeit wird sie dann vollends automatisiert ausgeführt

Beispiele bei Menschen: Gitarre- oder Klavierspielen, Maschinenschreiben, Skifahren, Kampfsportbewegungen (und viele andere Sportarten)

 

Zusatzinformationen:

http://de.wikipedia.org/wiki/Instrumentelle_Konditionierung

 

Der Kognitivismus

Übertragt man die Gedanken der Behavioristen auf den Menschen, hat man bereits die Grenze zur Psychologie überschritten. Aus diesem Grunde wird die Psychologie auch manchmal den biologischen anstelle den medizinischen Wissenschaften zugeordnet.

Auch wenn heute die Ideen der Behavioristen in der klinischen Psychologie nicht mehr ganz so aktuell sind, gibt es noch Psychologen, welche den Behaviorismus und vor allem daraus abgeleitete Formen wie den „Radikalen Behaviorismus“ favorisieren. Im Großen und Ganzen fand aber eine Neuorientierung der Psychologie zum Kognitivismus statt:

Der Begriff Kognitivismus leitet sich vom Wort Kognition (Prozesse des Denkens, Wahrnehmens, Erkennens, Begreifens, Urteilens und Schlussfolgerns) ab.

Lernen, als eines der wichtigsten Gebiete des Kognitivismus‘, ist einerseits organisch beeinflusst, aber auch durch Prozesse und Zustände, welche „zwischen Reiz und Reaktion“ liegen. Diese innerpsychischen Vorgänge der Informationsverarbeitung beeinflussen den Menschen danach maßgeblich. Häufige Vorgänge im Sinne des Kognitivismus sind Lernen, Begreifen, Planen, Einsehen und verstehen. Der Mensch ist demnach ein selbstbestimmtes und selbst gesteuertes Wesen. Er lernt durch seine Erfahrungen aus seiner ganz eigenen Umwelt und den daraus anschließenden kognitive Denk- und Verstehensprozessen, indem er aus Erfahrungen lernt und die aus seiner Umwelt aufgenommenen Reize selbstständig und aktiv verarbeitet.

In der kognitiven Psychologie steht demnach die Frage, wie Menschen ihre Erfahrungen aus ihrer Umwelt verarbeiten und einordnen sowie deren Speicherung und die Reaktion darauf im Mittelpunkt. Der Kognitivismus ging später dann in der Soziobiologie auf, welche die aktuelle Strömung der Verhaltensbiologie ist.

http://de.wikipedia.org/wiki/Kognitive_Wende

http://de.wikipedia.org/wiki/Kognitivismus

https://de.wikipedia.org/wiki/Soziobiologie

Höhere Lernleistungen

a) Lernen durch Erkunden und Spielen

b) Lernen durch Nachahmung

c) Lernen durch Versuch und Irrtum – zum Teil operante Konditionierung

d) Lernen durch Einsicht sowie problemlösendes Lernen

http://de.wikipedia.org/wiki/Lerntheorie

 

a) Lernen durch Erkunden und Spielen

Menschliche Kinder lernen auf verschiedenen Wegen und je älter sie werden auch nach verschiedenen Methoden. Eine Möglichkeit ist das spielerische Erlernen. Es erlaubt durchaus auch komplexe Vorgänge zu begreifen und zählt somit zu den höheren Lern- und Verstandesleistungen.

Meistens wird spielerisches Erlernen bei jungen Tieren und Menschen hin zum adulten Tier/Menschen statt.

Lernen durch Erkunden und Spielen findet unter folgenden Bedingungen statt:
- angenehme (spielerische) Atmosphäre, entspannte und stressfreie Umgebung Stress, kein Erfolgsdruck und oft keine Zielvorgaben.
- Neugierverhalten

Spielerische Inhalte können Imitation, Nachahmung von Eltern oder Geschwistern und deren Verhalten sein (Rollenspiel). Es können auch wiederholende Spiele sein, die angeborenes oder erlerntes Verhalten einüben, oder es werden neue Dinge spielerisch untersucht, dabei erprobt oder neu kombiniert.

 

b) Lernen durch Nachahmung/ Lernen am Modell

Besonders junge Tiere und Kleinkinder lernen durch Nachahmung beispielsweise ihrer Eltern.

Lernen am Modell: Lernvorgänge, die durch eine Beobachtung von Vorbildern ausgelöst werden!

Die tatsächliche Anwesenheit des Modells ist dabei von untergeordneter Bedeutung. Modelllernen ist besonders ausgeprägt bei hoch entwickelten Säugetieren und einigen Vogelarten wie Krähen.

 

Andere Bezeichnungen für diese Lernform sind Beobachtungslernen, Nachahmungslernen, Imitationslernen, Identifikationslernen, Rollenlernen und stellvertretendes Lernen.

Im Vergleich zur klassischen Konditionierung und zur operanten Konditionierung hat der Lernende hier eine aktivere Rolle.
Kinder lernen vor allem durch Nachahmung.

 

Beispiele für Lernen am Modell:

  • ein Kleinkind hält die Hand in das Spülwasser und bewegt die Teller, weil es die Abwaschbewegungen der Eltern imitiert.
  • Junge Pubertierende ahmen ältere Geschwister beim Umgang mit dem anderen Geschlecht nach.
  • Sprechen von Papageien und Rabenvögeln
  • Lernen von Bewegungsabläufen im Sportunterricht
  • Junge Gimpel imitieren bestimmte Gesangsmotive des Vaters.
  • Japanmakaken waschen ihre Nahrung (Süßkartoffeln) im Fluss bevor sie diese verzehren. Das Verhalten trat erstmals (zufällig) bei einem Weibchen einer Gruppe in den 1950er Jahren auf.

 

Formen des Modelllernens

Es lassen sich drei Formen des Modelllernens unterscheiden:

  • Erlernen neuer Verhaltensweisen
  • Modifikation bestehender Verhaltensweisen
  • Schaffung diskriminativer Hinweisreize. Dabei wird das Modellverhalten als Hinweisreiz, der das Auftreten bereits erlernten Verhaltens erleichtert.

 

Aufmerksamkeitsprozesse

Beobachtung des Modells hat bei dieser Lernform eine besondere Bedeutung. Dabei gibt es weitere entscheidende Einflussfaktoren:

  • Qualität der Beziehung von Modell und Beobachter
  • Persönlichkeitsmerkmale des Beobachters
  • Persönlichkeitsmerkmale des Modells
  • Situationsbedingungen (Familie, Peergroup, soziales Umfeld)

 

Experiment von Albert Bandura und Walters und das „Rocky-Experiment“ (1965)

Dieses Experiment, welches auch gelegentlich „Bobo doll study“ genannt wird, erregte zu seiner Zeit viel Aufsehen.

Im ersten Teil des Experiments wurden vierjährige Kinder (einzeln getestet) in drei Gruppen eingeteilt. In jeder Gruppe sahen die Kinder einen Film, in dem ein Erwachsener namens "Rocky" sich sehr aggressiv gegenüber einer Puppe „Bobo“ verhielt. Der Erwachsene hat auf die Puppe einschlagen, sie getreten und beschimpft. Das Ende des Films unterschied sich aber von Gruppe zu Gruppe:

Gruppe a): Rockys Verhalten wurde belohnt (=> Verstärkung)

Gruppe b): Rockys Verhalten wurde bestraft (=> Hemmung)

Gruppe c): Rockys Verhalten hatte keine Konsequenzen (diente als Kontrollgruppe)

 

Im zweiten Teil des Experiments durften die Kinder in einem Raum spielen, in dem neben vielen anderen Spielzeugen auch die Bobo-Puppe vorhanden war.

In Gruppe a) wurde das Verhalten des Erwachsenen Rocky von vielen Kindern imitiert!

In Gruppe b) wurde das Verhalten des Erwachsenen Rocky von kaum einem Kind imitiert!

 

In einem dritten Experiment wurde den Kindern als Belohnung Süßigkeiten versprochen wurde, falls sie das Gesehene nachspielen. Nun zeigten alle Kinder das aggressive Verhalten.

Albert Bandura folgerte, dass zwar alle Kinder das Verhalten imitieren konnten und somit gelernt hatten, aber nur die es als „vorbildliches“ Verhalten anwendeten, wenn sie sich davon Erfolg versprechen. Bandura folgerte weiterhin, dass es einen Unterschied zwischen Erwerb (Akquisition) und Ausführung (Performanz) des beobachteten Verhaltens (sogenanntes latentes Lernen) gibt.

Zusatzinformationen:

http://de.wikipedia.org/wiki/Lernen_am_Modell

 

c) Lernen durch Versuch und Irrtum

Wird die Lösung eines Problems alleinig durch wahlloses Ausprobieren gefunden, so spricht man hier von Lernen durch Versuch und Irrtum. Das muss nichts Negatives sein, denn so können durchaus auch komplizierte Dinge gelernt werden. Aber im Grunde liegt jedes Mal eine operante Konditionierung zugrunde.

 

d) Lernen durch Einsicht

Werden intelligentere Tiere oder Menschen mit einem Problem, bei gleichzeitiger Handlungsbereitschaft es zu lösen, konfrontiert, so kann durch „Lernen durch Einsicht“ das Problem gelöst werden.

Der folgende Versuch veranschaulicht dies:

Umwegversuche mit Hühnern, Katzen und Hunden:

Ein Huhn bzw. eine Katze oder ein Hund werden nacheinander durch einen getönte Plexiglasscheibe von ihrem Futter getrennt. Dazu ist ein kleines Loch in der Frontscheibe vorhanden, durch die der Futternapf auf einem Tuch hinaus gezogen wird. Das Plexiglas umgibt die Tiere von drei Seiten, aber nicht von hinten!

Da die Tiere hungrig und somit handlungsbereit sind, versuchen sie, eine Lösung zu finden, um an das nun scheinbar unerreichbare Futter zu gelangen.

 

a) Lernen ohne Einsicht - trial-and-error:

Das Huhn verfügt nicht über genügend Intelligenz für Lernen durch Einsicht. Es startet zunächst mehrere Versuche, durch den Zaun zu gelangen. Dies führt nicht zum Erfolg.

Durch Zufall findet das Huhn beim Umherlaufen nun den rückwärtigen Ausgang und gelangt schließlich um die Barrikade herum zum Futter. Dies führt gleichzeitig zu einer positiven Verstärkung.
Setzt man das Huhn erneut dieser Situation aus, so geht es gleich um den Zaun herum. Es hat diese Lösung des Problems durch operante Konditionierung gelernt.

 

b) Lernen mit Einsicht

Bei Hund und Katze findet ein anderer Vorgang statt. Er lässt sich in zwei Phasen gliedern:

Denkphase: Hund oder Katze schauen sich um und erlangen so eine Übersicht über den Ort und das Problem. Nun wird in Gedanken der Lösungsweg gefunden und sozusagen „vorweggenommen“. Äußerlich kann man meist dabei nichts beobachten.

Handlungsablauf:
Nun beginnt der Handlungsablauf. Die Tiere begeben sich zielstrebig um das Hindernis herum zum Futternapf. Dies geschieht zielgerichtet, ohne Pause und auf Anhieb richtig.

Der Unterschied bei Hund und Katze ist, dass Katzen dies immer so tun und zwar mit einer beinah gelangweilt erscheinenden Beiläufigkeit… Wie konnte man ihr nur so ein einfaches Problem geben… ;-)

Bei Hunden hingegen gibt es Tiere, die sich dem Problem nicht stellen und stattdessen den Versuchsleiter anwinseln, ihm einen hilflosen Blick zuwerfen und versuchen, ihn durch Gesten zu motivieren, dass er ihnen hilft.

Bei diesen Hunden hat dieses Verhalten in der Vergangenheit offenbar schon einmal zum Ziel geführt, so dass sie eine andere Problemlösestrategie bereits gelernt hatten.

 

Sechs Phasen des Lernens durch Einsicht

Wolfgang Köhler und Max Wertheimer unterteilen in der kognitiven Lerntheorie sechs Phasen des Lernens durch Einsicht:

1. Auftauchen des Problems

Zwischen dem Ist zustand und einem zu erreichendem Soll-Zustand gibt es eine Diskrepanz zu überbrücken. Diese Diskrepanz und das Suchen nach einer Lösung ist die eigentliche Motivation / Handlungsbereitschaft.

2. Probierverhalten

Bekannte und bereits bewährte Problemlösestrategien werden angewendet. Misserfolg hierbei kann zu einer Unterbrechung führen.

3. Umstrukturierung

Das Problem und die bereits vorhandenen Strategien werden denkend neu erfasst und umstrukturiert. Versuch und Irrtum können hierbei durch Vorwegnahme in Überlegungen vollzogen werden.

4. Einsicht und Lösung

Plötzlich sieht das Tier oder der Mensch die Lösung. Alle „Puzzleteile“ des Problems ergeben einen vollständigen Lösungsweg (=„Aha-Erlebnis“).
Die Lösung eines Problems wird dabei nicht durch Versuch und Irrtum oder durch Ausprobieren gefunden, sondern durch Erfassen der Zusammenhänge.

5. Anwendung

Nun beginnt in der Regel sofort der Handlungsprozess, welcher zum erfolgreichen Lösen führen wird. Bei Erfolg wird er beibehalten und ist somit als Problemlösestrategie gelernt.

6. Übertragung

Die nun gelernte Lösung kann per Lerntransfer auf ähnliche Probleme übertragen werden.

 

Einsichtiges Verhalten

Der Unterschied zum Lernen durch Versuch und Irrtum, liegt im gedanklichen Erfassen der Problemzusammenhänge und der Vorwegnahme der einzelnen Handlungsschritte zur Lösung.

Während die Planungsphase mehrere Minuten dauern kann, wird die anschließende Durchführung oft sehr zügig ablaufen.

Hilfreich ist es, wenn notwendige Einzelhandlungen bereits bekannt sind. So können weniger schwierige Probleme, welcher vorher gelöst wurden nun als Bestandteile der neuen Lösung hilfreich (gelegentlich aber auch hinderlich) sein.

In den Naturwissenschaften und im Matheunterricht wird deshalb sehr viel Wert schon auf das frühe Erlernen von Problemlösestrategien Wert gelegt. Diese Strategien helfen dann in den höheren Klassen größere Probleme zu lösen, wodurch dann noch später noch weiter anspruchsvolle Aufgaben bewältigt werden können.

So entstand als schulisch-didatkitsche Methode der „Naturwissenschaftliche Erkenntnisweg“. Dem Schüler wird eine Situation präsentiert, bei der er eine Diskrepanz zwischen seiner Erwartung und dem Ergebnis erkennt. Dies motiviert ihn eine Lösung zu finden. Dazu formuliert er eine Problemstellung (Problemfrage) und Lösungshypothesen, welche im Grunde den AHA-Effekt vorwegnehmen sollen. Ei anschließendes Probieren soll das Ergebnis bestätigen.

Sigmund Freud sagte: „Denken ist Probehandeln".

Zusatzinformationen:

 

Lernen am Modell und durch Einsicht: Traditionsbildung

Durch spielerisches Lernen und durch Lernen durch Nachahmung können auch familiäre Verhaltensweisen, die sich bewährt haben, an die nächste Generation spielerisch weitergegeben werden. Man spricht dann von Traditionen.

Beispiel für eine erlernte Tradition:

 

1) Meisen in England

Meisen in England lernten in den 1930 Jahren, die mit Aluminiumfolie verschlossenen Milchflaschen zu öffnen, welche der Milchmann morgens vor den Häusern abstellte. So gelangten sie an die nahrhafte Milch. In den folgenden Jahren breitete sich diese Verhaltensweise über ganz England aus. 1947 konnte jede Meise in England Milchflaschen öffnen. Dabei breitete sich das Verhalten auf fast alle Meisenarten (auch Blaumeisen, Tannenmeisen, Haubenmeisen usw.) aus!

 

2) Rotgesichtsmakaken in Japan

Rotgesichtsmakaken waschen Nahrung, z.B. Kartoffeln vor dem Verzehr. Diese Fertigkeit entstand vermutlich zuerst in einer Population und dann von Generation zu Generation weitergegeben.

 

Lernen durch Einsicht: kognitive Fähigkeiten bei Tier und Mensch

„So groß nun auch die Verschiedenheit an Geist zwischen den Menschen und den höheren Tieren sein mag, so ist sie doch sicher nur eine Verschiedenheit des Grades und nicht der Art“ (Charles Darwin on the Origin of Species, 1859)

 

Werkzeuggebrauch und Werkzeugherstellung:

Werkzeuggebrauch: Wenn Tiere oder Menschen einen (körpferfremden) Gegenstand verwenden, um ein Ziel zu erreichen, spricht man von Werkzeuggebrauch. Der Werkzeuggebrauch kann durch Lernen am Modell bei einmaligem Sehen erlernt werden. Er setzt also nicht zwingend Einsicht in Ursache und Wirkung voraus!

Werkzeugherstellung: wird ein Gegenstand derart verändert, so dass er wirkungsvoller einsetzt werden kann, um ein Ziel zu erreichen, so ist dies eine Werkzeugherstellung. Die eigene Herstellung oder Bearbeitung eines Gegenstandes erfolgen aber immer durch Lernen durch Einsicht, da hier ein Endergebnis vorher kognitiv vorweggenommen wird.

 

Beispiele für Werkzeuggebrauch bei Tieren

  • Nicht nur der Mensch setzt Werkzeuge ein! Auch viele höher entwickelte Tierarten tun dies:
  • Afrikanische Schmutzgeier lass Steine auf dickschalige Straußeneier fallen, um sie so zu öffnen.
  • Seeotter öffnen mit Steinen große Muscheln.
  • Menschenaffen und vor allem die Schimpansen bedienen sich vieler Werkzeuge. Beispiele sind das Termitenangeln mit Grashalmen sowie der Gebrauch von großen Blättern als Reinigungsmedium (Waschlappen).

Lernen durch Einsicht: Abstraktion und Generalisation

Abstraktion

Averbales Zählen

Einige Tiere verfügen über ein Zählvermögen:

- Tauben

- Raben

- Papageien

- Eichhörnchen

 

Die Anzahl konnte völlig unterschiedlich dargestellt werden:

- durch Punkte

- durch Steinchen

- durch Plastilinstücken

- in unterschiedlichsten Größen

 

Übungsaufgaben: Instinkthandlungen. Konditionierungen und höheres Lernen

1. Mit einer Taube werden mehrere Tage Versuche in einer Skinnerbox gemacht. Je mehr Tage vergehen, desto auffälliger und häufiger beginnt sie mit den Flügeln zu schlagen. Erkläre dieses Verhalten

2. Vergleiche die klassische und operante Konditionierung miteinander. Erläutere die Unterschiede.

3. Erkläre Pawlows Versuch zur klassischen Konditionierung und erkläre, wie er dieses Prinzip entdeckte.


4. Ein Hecht lauert zwischen Pflanzen im Uferbereich eines Gewässers. Beim Erscheinen eines Beutefisches schwimmt er blitzartig auf den Fisch zu und verschlingt ihn. Analysiere das Verhalten und erkläre genau.

5. Reizt man die Rückenhaut eines Frosches, so kommt es zu einem Wischreflex mit einem Hinterbein über diese Stelle. Es handelt sich hierbei um einen Reflex.
a) Zeichne für dieses Verhalten einen ausführlich beschrifteten Reflexbogen mit allen notwendigen anatomischen Strukturen!

b) Begründe, ob es sich dabei um einen Eigen- oder um einen Fremdreflex handelt.

6. Die Eier eines Bodenbrüters sind braun und dunkel gesprenkelt. Gerät ein Ei zufällig über den Nestrand, so rollt es der Vogel mit dem Schnabel ins Nest zurück. Legt man nun ein weißes dunkel gesprenkeltes Attrappenei gleicher Größe neben das Vogelei außerhalb des Nestes, so wird das Attrappenei bevorzugt ins Nest gerollt.

Stelle eine Hypothese auf, wie ein Ei aussehen müsste, welches gegenüber der Attrappe bevorzugt wird. Begründe Deine Aussage.

7. Bei Bienen, die an eine Futterquelle mit Zuckerwasser gelangen haben eine hohe Handlungsbereitschaft dieses zu trinken (durch Saugen => hohe Saugtendenz).
Mit zunehmender Füllung des Honigmagens kommt eine Abflugtendenz auf, die durch das Anheben
der Antennen für Biologen erkennbar ist. Kurze Zeit vor dem Abflug putzt sich eine Biene, obwohl keine Schmutzteilchen an ihr zu erkennen sind und sie ganz sauber ist.
a) Erkläre das Putzverhalten der Biene kurz vor dem Abflug von einer Futterquelle unter Verwendung ethologischer Fachbegriffe!
b) Definiere Handlungsbereitschaft und kläre den hier vorliegenden Konflikt!

 

Man kann fast alles lernen, wenn man will, auch Busfahren :-)

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